Fast 6.000 Menschen gefällt der Post, in den Kommentaren schwärmt ein weiblicher Fan von ihrem „ikonischen“ Look. Doch das Model mit dem Namen „fit_aitana“ war nie auf diesem Festival – oder irgendeinem anderen Event. Die Influencerin ist KI-generiert, eine Schöpfung einer spanischen PR-Agentur. Ihr komplettes Leben – Sport, Urlaub, schnelle Autos – eine digitale Inszenierung. Nur die Werbedeals sind echt.
Die Macher hinter den digitalen Stars
Man habe Aitana erschaffen, weil es ständig Probleme mit menschlichen Influencern gegeben habe, erklärt die Agentur. Zu oft seien Projekte an den Launen oder überzogenen Honorarforderungen echter Models gescheitert. Die Lösung: Eine virtuelle Influencerin, die stets perfekt inszeniert werden kann – und sich perfekt steuern lässt.
Hinter Aitanas vermeintlich spontanem Leben steckt akribische Planung. Jede Woche trifft sich das Agentur-Team, um Aitanas „Leben“ zu planen: Welche Orte sie besucht, was sie postet, wie sie mit ihren Fans interagiert. Dabei ist kein einziges Foto echt – alles entsteht am Computer, durch eine Mischung aus KI-Technologie und klassischer Bildbearbeitung.
Ein lukratives Geschäftsmodell
Das Geschäft mit den künstlichen Influencern boomt. Mit Werbung und Sponsoring für Sportartikel und anderen Kooperationen auf dem Aitana-Account verdient die PR-Agentur Berichten zufolge bis zu 10.000 Euro im Monat. Sie ist längst nicht allein: Die virtuelle Influencerin Lil Miquela etwa hat mehr als 248 Millionen Follower auf Instagram, modelt für Modemarken wie Calvin Klein und nimmt sogar Musik auf. Das „KI-Supermodel“ Shudu wirbt für Luxusmarken wie Balmain oder Tiffany & Co.
Die Grenzen zwischen echt und künstlich verschwimmen zusehends – auch weil nicht immer generative KI im Spiel ist. Manchmal ist es auch eine Kombination aus klassischer CGI und konventioneller Bildbearbeitung von Bildern menschlicher Platzhalter. Wie viele Follower verstehen, dass es sich bei den gut aussehenden Frauen nicht um echte Menschen handelt, ist unklar.
Trend mit Schattenseiten
Der Boom der KI-Influencer wirft Fragen auf. Kritiker warnen vor den gesellschaftlichen Folgen, wenn immer mehr Menschen digitalen Avataren nacheifern, die perfekter sind als jeder echte Mensch. Auch der stark sexualisierte Look vieler virtueller Influencerinnen steht in der Kritik.
Die Macher von Aitana und Co. kontern: Sie bedienten lediglich die Ästhetik, die auch echte Influencer und Marken vorgeben. Eine Änderung dieser Darstellung sei nur durch einen grundlegenden Wandel der gesamten Industrie möglich. Bis dahin dürften die künstlichen Stars weiter auf dem Vormarsch sein – mit vielen Nachahmern. Die Nutzerin „nyla.smiths“, die unter Aitanas Festival-Foto deren Look als „ikonisch“ feierte? Auch sie ist nur ein weiterer KI-generierter Account, gefüllt mit KI-generierten Bildern einer schlanken, braunhaarigen Frau im Bikini.