Der Social-Media-Markt ist äußerst schnelllebig. Heute noch top, morgen schon out. Wer wüsste das besser als TikTok? Die App des chinesischen Konzerns Bytedance hat mit rasantem Wachstum andere Apps verdrängt. Deswegen versuchen die Betreiber dieser Plattformen immer wieder durch Neuerungen die eigene Marktmacht zu erhalten oder zu steigern.
Sunshine-Punkte sammeln bei TikTok Pro
Der neueste Versuch von TikTok heißt TikTok Pro. Das ist eine eigene App, die sehr ähnlich aussieht wie das bisherige TikTok, allerdings nur für Erwachsene ab 18 Jahren ausgewiesen ist. Der Hauptunterschied ist die Möglichkeit sogenannte Sunshine-Punkte zu sammeln. Die Punkte bekommt man, indem man entweder Freunde auf die neue App lockt oder Videos von Wohltätigkeitsorganisationen liked oder repostet.
Helfen durch Surfen
Diese Sunshine-Punkte kann man dann einlösen. Für jeweils zehn Punkte überweist TikTok 20 Cent an Organisationen, die der Nutzer aus einer Liste aussuchen kann, etwa „Aktion Deutschland Hilft“, „Nabu“ oder „Ärzte ohne Grenzen“.
Das klingt wie eine gute Idee: Helfen durch Surfen und die so bedachten Organisationen äußern sich bei TikTok auch sehr positiv. So schreibt Thilo Reichenbach von „Aktion Deutschland Hilft“: „Durch einfache Aktionen auf der Plattform kann die TikTok Community verdienten Sunshine in dringend benötigte Hilfe für Menschen in Not umwandeln und so auf zugängliche Weise globale Solidarität zeigen, während sie Inhalte genießt, die ihr wichtig sind.“
„Vieles erreichen – Wohltätigkeit gehört nicht dazu“
Doch Experten, wie der Tech-Journalist Hagen Terschüren sind skeptisch: In einem Interview beim Deutschlandfunk verweist er darauf, dass TikTok auf diese Art versucht, mehr Menschen an die Plattform zu binden und zugleich die Nutzungsdauer zu erhöhen. Er vermutet hinter der neuen App in erster Linie Wirtschaftsinteressen: „Man will hier gleich mehrere Dinge erreichen. Wohltätigkeit gehört nicht dazu.“
Geldspenden gegen politischen Druck?
Die Länder, in denen TikTok Pro jetzt startet – Deutschland, Spanien und Portugal –, sind wichtige Märkte in Europa, in denen aber auch ein hoher politischer Druck auf TikTok laste, so Terschüren. Immer wieder sieht sich die Plattform mit unterschiedlichen Vorwürfen konfrontiert, die von der Ablenkung von Kindern und Jugendlichen beim Lernen bis hin zur politischen Einflussnahme reichen. „Und jetzt wollen sie zeigen, wir machen doch was für einen guten Zweck.“
TikTok Pro: Gleiches Prinzip wie TikTok Lite
Dabei zeigt TikTok Pro einen ähnlichen Ansatz, wie das im April von der EU-Kommission gebannte TikTok Lite, bei dem durch längeres Surfen oder Erledigen von Aufgaben auf der Plattform ebenfalls Punkte verdient werden konnten, die dann in Geld umgemünzt werden konnten.
Damals hatte die EU kritisiert, das fördere das Suchtverhalten vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Brüssel drohte mit einem Verbot. Darauf hatte TikTok die App in Europa zurückgezogen. Wahrscheinlich ist deswegen TikTok Pro jetzt auch nur für Erwachsene ab 18 Jahren von TikTok ausgewiesen, um diesen Vorwurf von vorneherein zu entkräften. Noch ist unklar, ob das der EU ausreicht, oder ob sie auch gegen TikTok Pro ein Verfahren anstrengt.