Handel funktioniert offenbar wieder – was ist mit dem Schaden?
Inzwischen laufen die Plattformen wieder. Aber was ist mit dem Schaden, den die User eventuell erlitten haben, vor allem, als die Kurse vor ein paar Tagen ins Nichts zu purzeln schienen? Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche zu stellen. Immerhin werben viele Online-Broker ausdrücklich mit der sekundenschnellen Ausführung von Orders. Wer aber seinen Auftrag nicht abschicken kann und dann zusehen muss, wie der Kurs immer weiter nach unten rauscht, ist zu Recht verärgert. Ob er den Verlust wirklich ausgeglichen bekommt, ist fraglich.
App-Betreiber: „Handel war zu jeder Zeit möglich“
Scalable, ein Neobroker, der ebenfalls mit Ausfällen zu kämpfen hatte, und Trade Republic hätten zügig reagiert, heißt es auf eine Nachfrage von BR24. In ihren Schreiben betonen die Unternehmen fast wortgleich, aufgrund enormer Marktschwankungen sei es bei einigen Nutzern zu Ladeverzögerungen gekommen. Sowohl Scalable also auch Trade Republic beteuern aber, dass der Handel trotzdem jederzeit möglich gewesen sei. Sollte ein User etwas anderes erlebt haben, müsste er die Fehlermeldungen mithilfe von Screenshots beweisen können. Im Nachhinein lässt sich das sonst kaum mehr belegen.
Wie lässt sich der Schaden nachweisen?
Eine weitere Hürde ist der Nachweis des Schadens. Man muss genau beziffern können, wie viel Geld man verloren hat. Man muss also am besten auf die Sekunde wissen, wann die Order für diese oder jene Aktie platziert worden wäre. Und ein Schaden ist auch nur dann entstanden, wenn man später zu einem niedrigeren Kurs wirklich verkauft hat. Ein „unrealisierter Schaden“ – wie es im Juristendeutsch heißt – ist nämlich gar keiner. Wer die Aktien also noch immer hält, könnte ja damit in Zukunft wieder ins Plus kommen, sollten die Kurse anziehen.
Druck machen via Bafin
Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg betont, dass gemäß Wertpapierhandelsgesetz die Bank dafür sorgen muss, dass im Regelbetrieb alles zufriedenstellend läuft. Bei unvorhersehbaren Ereignissen wird man dem Anbieter keine Pflichtverletzung nachweisen können. Inwiefern die Kurseinbrüche nach den Zollentscheidungen in Washington und Peking unvorhersehbar waren, darüber kann man sicher streiten.
Nauhauser berichtet aber auch, dass es seit Jahren bei hektischem Börsenhandel immer wieder zu Beschwerden von Kunden kommt, weil ihr Online-Depot nicht richtig funktioniert. Deshalb lautet sein Tipp: Als Kunde oder Kundin solle man sich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beschweren. Wenn sich dort die Protestschreiben häufen, wird die Behörde dem nachgehen. Und eine Kontrolle, bei der Probleme ans Tageslicht kommen, könnte am Ende die Verhandlungsposition der Kunden insgesamt stärken.
Konkrete Hoffnung für Kunden
Mit einem freundlichen Schreiben an die Bank, werde man wahrscheinlich eher keinen Erfolg auf Schadenersatz haben, betonen die Verbraucherschützer. Wer aber gut nachweisen kann, dass die App nicht funktioniert hat und dass er oder sie deshalb Geld verloren hat, kann sich einen Anwalt nehmen und Druck aufbauen. Nauhauser erklärt, dass die Banken gerne einen Gerichtsprozess mit Kunden verhindern – zu schädlich fürs Image. Ein Anwaltsschreiben steigert deshalb die Chancen, dass sich die Bank auf einen Vergleich einlässt. Und so ließe sich zumindest ein Teil des verlorenen Geldes wieder zurückholen.