Herausforderung Rotorblätter
Doch eine Herausforderung sind die Rotorblätter, so das Umweltbundesamt. Um leicht und gleichzeitig stabil zu sein, bestehen sie aus einem Holzkern, ummantelt von glas- oder carbonfaserverstärkten Kunststoffen (GfK und CfK). Aber es ist schwierig, diesen vielfach genutzten Verbundstoff – der zum Beispiel auch in Schiffen, Flugzeugen und Fahrradrahmen verarbeitet wird – wieder zu trennen. Eine Aufgabe für verschiedene Forschungseinrichtungen bundesweit. So hat etwa das Fraunhofer-Institut für Umwelt, Sicherheit und Energietechnik (UMSICHT) in Sulzbach-Rosenberg eine Pyrolyse-Anlage entwickelt.
Forschung in der Oberpfalz
Vereinfacht ausgedrückt wird bei großer Hitze ohne Sauerstoff aus den zuvor zerkleinerten Rotorblättern Öl kondensiert, das dann wieder als Kunstharz in neuen Rotorblättern eingesetzt werden könnte. Und die so getrennten Glasfasern haben die Wissenschaftler aufgeschäumt. „Dieses Schaumglas hat sehr gute Dämmeigenschaften“, erklärt Chemiker Alexander Hoffmann.
Problem: Diese Methode ist aufwändig und teuer. Deshalb wird der Großteil der Rotorblätter in Müllverbrennungsanlagen verheizt, was aber in zu großen Mengen die Filter verstopft. Für Schlagzeilen sorgte vor kurzem ein Entsorgungsunternehmen aus der Oberpfalz, das Rotorblätter und andere Verbundstoff-Teile illegal in Tschechien abgeladen hatte.
„Rotorblätter sind kein Umweltproblem“
Damit sich auch bei den Rotorblättern die Ökobilanz verbessert, ist die Politik gefordert: „Rotorblätter sind kein Umweltproblem. Aus unserer Sicht wäre es einfach nötig, ein Recyclinggebot auszusprechen“, sagt Matthias Franke, Leiter des Fraunhofer-Instituts und verweist auf den Verpackungsbereich, wo recycelte Teile wiederverwertet müssen.
Windkraft ist die wichtigste Energiequelle in Deutschland, 2024 wurde laut Statistischem Bundesamt so ein Drittel des Stroms erzeugt. Der Rotorblatt-Müll wird steigen: Von aktuell 20.000 Tonnen pro Jahr auf bis zu 50.000 Tonnen in den 2030er Jahren, schätzt das Umweltbundesamt. Es gibt kreative Recyclingansätze: So verpresst zum Beispiel eine Firma aus dem Harz zerkleinerte Rotorblätter zu neuen Terrassendielen. Eine andere Möglichkeit ist es, schon bei der Herstellung an die Wiederverwertung zu denken: Der Windrad-Hersteller Siemens Gamesa hat einen säurelöslichen Harz entwickelt, dadurch sollen sich Rotorblätter später leichter zerlegen lassen. Die ersten drehen sich in einem Windpark vor Helgoland.
Landschaft wieder wie vor 30 Jahren
Am Standort von Bayerns erstem Bürgerwindrad in Sellanger ist nach rund vier Wochen nichts mehr zu sehen. Bund-Naturschutz-Geschäftsführer Wolfgang Degelmann zieht eine positive Bilanz: „Wir haben 22.000 Tonnen CO₂ eingespart und 18,4 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt. Wenn wir das mit Braunkohle gemacht hätten, hätten wir hier ein Loch: 25 Meter tief, 25 Meter breit, 25 Meter lang. Wir dagegen geben die Landschaft wieder zurück, wie sie vor 30 Jahren war.“