In den ersten sieben Monaten dieses Jahres sind rund 7.900 Asylbewerber nach Bayern gekommen. Das ist weniger als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Doch wie viele Menschen auch neu ankommen: Ihre Integration zu organisieren und zu leben, braucht Engagement.
Landrätin: „Die Wege weiter, die Kontakte besser“
„Wir haben tatsächlich jedes Rathaus von innen gesehen. Man hat sich tolle Lösungen überlegt“, berichtet Bernhard Pössinger von unzähligen persönlichen Gesprächen und Gemeinderatssitzungen. Er arbeitet für die Kontaktstelle Asyl und Integration im Landratsamt Weilheim-Schongau und betreut 3.400 Geflüchtete in 220 Unterkünften.
Darunter fällt auch Eglfing. Am Ortsrand sind in einem Thermozelt derzeit 29 Geflüchtete untergebracht. Platz wäre für 50. Im Ort mit den 1.200 Einwohnern engagiert sich ein ehrenamtlicher Helferkreis, zeigt den Neuankömmlingen die Umgebung, bietet regelmäßig Deutschkurse an.
„Gekommen sind Menschen. Und wenn man mit den Menschen auch vernünftig umgeht, sie begrüßt, sie willkommen heißt, ihnen Hilfestellungen anbietet, dann klappt das auch ganz gut“, findet Klaus Umbach vom Helferkreis Eglfing.
Landkreis Oberallgäu: Ortsansässige reichen Petition gegen Unterkunft ein
Anderswo regt sich Widerstand, etwa in der Gemeinde Blaichach im Landkreis Oberallgäu. Am Ende eines Gebirgstals liegt der Ortsteil Gunzesried-Säge. Dort leben 75 Menschen, 25 davon sind rumänische Gastarbeiter. Im Heubethof sollen bis zu 45 Geflüchtete untergebracht werden. Dagegen wehren sich die Ortsansässigen. Sie geben zu bedenken, dass der Standort zu abgeschieden sei: Nach 17 Uhr fährt kein Bus mehr in das Tal.
Der Bürgermeister von Blaichach, Christof Endreß, und über 200 Einwohner haben eine Petition beim Landtag eingereicht, um die Unterkunft in dieser Form zu verhindern. Dabei ist Endreß nicht generell gegen die Unterbringung, sie könne aber nur in einer gewissen Menge funktionieren und nicht so, wie sie das Landratsamt vorsieht. Mitte Oktober soll der Landtag über die Petition entscheiden.
Landratsämter auf der Suche nach Unterkünften
Das Landratsamt Oberallgäu sucht ständig Unterkünfte. Zwar sinkt die Zahl der Neuankömmlinge. Doch immer wieder laufen Mietverträge für dezentrale Unterkünfte aus. Und es müssen freie Plätze vorgehalten werden, denn der Landkreis hat sein Soll derzeit nicht erfüllt.
Zu Beginn sei die Bevölkerung auch sehr positiv gestimmt gewesen, erzählt die zuständige Landrätin Indra Baier-Müller. Das habe sich in den vergangenen eineinhalb Jahren deutlich verändert. „Es bleibt uns als Landkreis keine Alternative, als irgendwann mal anzumieten und zu sagen: Das müssen wir jetzt durchziehen.“
Öffentliche Anbindung erschwert Integration auf dem Land
Integration funktioniert nur, wenn die Menschen Deutsch sprechen können. Die Volkshochschule in Sonthofen bietet seit vergangenem Jahr Integrationskurse an. Die Teilnehmenden haben Glück, wenn sie an einer Zug- oder Busstrecke wohnen. „Schwieriger wird es, wenn wir in die Außenbereiche des Landkreises gehen oder in die Kommunen, die wirklich nur am Tag einen Schulbus am Morgen haben und einen Schulbus am Mittag“, sagt Monika Teuring, die einen Integrationskurs an der Volkshochschule (VHS) Sonthofen leitet.
Auch die VHS hat es nicht leicht: Kurskoordinatorin Susann Pohl braucht für jeden Integrationskurs mindestens 15 Leute, damit er zustande kommt. „Im Vergleich zu den Städten haben wir natürlich viel weniger Kursanmeldungen“, erläutert Pohl. Und sagten etwa Teilnehmer kurz vor dem Kurs oder mittendrin ab, könne das die Finanzierung des Kurses sprengen.
Landkreis Weilheim-Schongau: Begegnungszentrum für interkulturellen Austausch
Ein weiterer Baustein der Integration: am Leben der Bevölkerung teilzunehmen. Darum kümmert sich im Landkreis Weilheim-Schongau das Projekt „Teilhabe, Orientierung, Perspektiven“ (TOP), das ein Begegnungszentrum zum interkulturellen Austausch geschaffen hat.
„Wir wollen gesellschaftliche Gruppierungen der Stadt Schongau einbinden, dass sie hier auch Angebote machen und dass wir uns vernetzen mit der Stadtgesellschaft und Organisationen vor Ort“, betont Ingeborg Bias-Putzier von der Diakonie München und Oberbayern, die zu den Organisatoren zählt.
All diese Beispiele zeigen: Integration auf dem Land erfordert ein besonderes Engagement von allen. Mehr als in größeren Städten gilt es, Distanzen zwischen Orten und Menschen zu überwinden, um ein gutes Miteinander zu gestalten.