Jahrelang hatten sie gestritten: der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und zahlreiche Sparkassen in ganz Deutschland. Der vzbv hatte geklagt, weil die Institute nach seiner Überzeugung auf Prämiensparverträge zu geringe Zinsen ausgezahlt hatten. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) berichtet, könnte dieser Rechtsstreit zumindest für 2.400 Kundinnen und Kunden der Stadtsparkasse München nun zu Ende sein. Sparkasse und Verbraucherzentrale haben sich auf einen Vergleich geeinigt. Wenn mindestens 30 Prozent der Betroffenen zustimmen, können die Auszahlungen beginnen.
Klage auch gegen Sparkasse Nürnberg
Bereits im vergangenen Jahr hatte sich der vzbv in einer Musterklage gegen die Sparkasse Nürnberg an das BayObLG gewandt und teilweise Recht bekommen. Da das Urteil jedoch hinter den Forderungen der Verbraucherschützer zurückblieb und der Sparkasse auf der anderen Seite zu weit ging, liegt der Fall derzeit zur Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) (externer Link).
Prämiensparer in ganz Bayern betroffen
Betroffen sind aber nicht nur Prämiensparer, die sich den Sammelklagen gegen das Vorgehen ihrer Sparkassen in München und Nürnberg angeschlossen haben. Auch Kundinnen und Kunden mit einem vergleichbaren Vertrag bei einem anderen Institut können auf Nachzahlungen in teils vierstelliger Höhe hoffen.
Grundlage ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Der BGH hat im vergangenen Juli abschließend bestätigt, dass viele Klauseln, die in Prämiensparverträgen zur Zinsanpassung verwendet wurden, unwirksam sind. Diese Klauseln ermöglichten es den Sparkassen, Zinsen einseitig und intransparent anzupassen. Dies, so der BGH, verstoße gegen geltendes Recht. Daher legten die Richterinnen und Richter erstmals einen konkreten Referenzzinssatz für die Nachberechnung fest. Daran müssen sich die Anbieter bei den Nachzahlungen orientieren.
Vom Premiumprodukt zum Verlustgeschäft
In den 1990er- und 2000er-Jahren hatten vor allem Sparkassen, aber auch einige Volks- und Raiffeisenbanken Prämiensparverträge im Angebot. Sie waren meist langfristig angelegt (oft 15 Jahre oder länger) und sahen neben einem variablen Grundzins eine jährlich steigende Prämie auf die geleisteten Einzahlungen vor. Die Verträge wurden jedoch mit der Eurokrise und der beginnenden Niedrigzinsphase zunehmend unattraktiv.
Die Banken erzielten nur noch geringe Zinserträge, mussten ihren Kunden aber weiterhin die im Vertrag zugesagte Prämie zahlen. Prämiensparverträge wurden zum Verlustgeschäft und ab 2017 reihenweise gekündigt. Die Verbraucherzentralen begannen damit, nachzurechnen und deckten die unzulässigen Klauseln auf.
Was Kunden jetzt tun sollten
Alle, die sich an ihre Sparkasse, Volks- oder Raiffeisenbank wenden und ihren Vertrag überprüfen lassen möchten, können dafür den Musterbrief (externer Link) der Verbraucherzentrale Bayern nutzen. Wer daraufhin ein Angebot von seiner Bank erhält, sollte zunächst überprüfen, ob die Summe tatsächlich angemessen ist. Gegen eine Gebühr rechnet die Verbraucherzentrale das Angebot durch.
Zu viel Zeit sollte man sich dabei nicht lassen: Die Ansprüche auf eine Zinsnachzahlung aus Prämiensparverträgen verjähren in der Regel nach drei Jahren. Die Verjährung beginnt ab dem Jahresende der Vertragsbeendigung. Wenn ein Vertrag also im Januar 2022 beendet wurde, kann man seine Forderung bis Ende dieses Jahres stellen.
Wer sich gegen das Angebot seiner Sparkasse entscheidet, aber nicht gleich klagen möchte, kann sich an die Schlichtungsstelle des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (externer Link) wenden.