Als Ariane Pipke die Eigenbedarfskündigung erhält, weiß sie, dass sie nicht nur ihre geliebte Wohnung verlieren wird. Für die 55-Jährige fühlt es sich an, als würde sie sich von ihrer Heimat verabschieden. „Der Gedanke, hier wegzugehen, darüber darf ich gar nicht reden“, erzählt sie in Kontrovers – Die Story. „Nicht leicht.“
15 Jahre lang hatte Pipke, was sie wollte: Eine Altbauwohnung im Münchner Glockenbachviertel für sich und ihren Hund. Bald muss sie ausziehen.
Keine Zusage trotz gutem Einkommen und unzähligen Versuchen
Ariane Pipke ist Unternehmensberaterin und Coach, ihr Einkommen ist überdurchschnittlich. Dennoch findet sie seit fast 1,5 Jahren keine bezahlbare Wohnung. Immoscout, Kleinanzeigen, WG-Gesucht – all das und viel mehr hat sie mehrfach probiert.
Ihren Suchradius hat sie inzwischen auf 70 Kilometer erweitert. „Ich habe alle Hausverwaltungen angeschrieben, Makler aktiviert“, erzählt sie. An die 40 Wohnungen habe sie besichtigt, immer bekam jemand anderes die Zusage.
Strafen für überteuerte Mieten werden offenbar nicht vollzogen
Überhöhte Preise sind bei der Wohnungssuche inzwischen Standard. Ariane Pipke stößt regelmäßig auf Annoncen mit einem Quadratmeterpreis von 40 Euro. „Die Krönung lag bei 80 Euro pro Quadratmeter. Das ist Wahnsinn, aber letztlich tut ja keiner was“, sagt sie.
Laut dem Münchner Wohnungsamt sind zwar Strafen für Vermieter bei überteuerten Mieten möglich. Doch ein Blick in den Wohnungsmarkt lässt Zweifel aufkommen, ob diese auch vollzogen werden. Laut dem Deutschen Mieterbund wäre aber genau das ein Mittel, um Mietern zu helfen.
Junge Frau lebt nach Eigenbedarfskündigung in Wohnungslosenheim
Welche Auswirkungen der härteste Mietmarkt Deutschlands haben kann, zeigt ein Blick ins Wohnungslosenheim in Feldmoching am Münchner Stadtrand. Dort ist Anne Schramm Anfang dieses Jahres eingezogen, nachdem ihr wegen Eigenbedarf gekündigt wurde. Die gelernte Altenpflegerin hatte monatelang nach einer Wohnung gesucht, jetzt teilt sie 12 Quadratmeter mit einer anderen Wohnungslosen.
Zunächst sei es noch erträglich gewesen, sagt Schramm. Doch irgendwann sei sie angegriffen und bespuckt worden, regelmäßig komme es zu bedrohlichen Situationen. „Man hofft einfach nur, dass es reicht, wenn man die Tür zusperrt und dann so einigermaßen sicher ist.“ Sie sucht auf einer speziellen Seite nach Sozialwohnungen, doch ihr Vorhaben scheint aussichtslos.
Die Kontrovers-Reportage im Video: „Mieten-Wahnsinn – Zwei Münchenerinnen geben nicht auf“