Einfach per Gesetz einen Mindestlohn festsetzen ist nicht so einfach in Deutschland. Das Grundgesetz schreibt die sogenannte Tarifautonomie vor. Also Arbeitgeber und Gewerkschaften entscheiden über die Einkommen – der Staat muss sich da heraushalten. Das Dilemma soll die Mindestlohnkommission aufheben.
Mindestlohn für zwei Jahre festlegen
In der Kommission sitzen drei Vertreter der Gewerkschaften und drei Vertreter der Arbeitgeber. Außerdem gibt es zwei wissenschaftliche Beratende ohne Stimmrecht und eine Vorsitzende, Christiane Schönefeld. Ihre Stimme entscheidet beim Patt. Bis Ende Juni, also spätestens kommenden Montag, soll das Ergebnis feststehen. Das muss dann per Verordnung von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) umgesetzt werden. Entschieden wird immer für die nächsten zwei Jahre, in diesem Fall also für 2026 und 2027.
Maßstäbe für das Plus beim Mindestlohn
Wenn die Beschäftigten in den letzten zwei Jahren mehr verdient haben, dann sollte auch der Mindestlohn nach angehoben werden. Im Gesetz heißt es dazu: Der Mindestlohn soll sich „nachlaufend“ der Tarifentwicklung anpassen. Gerade 2023 und 2024 konnte da in etlichen Branchen ein deutliches Plus erreicht werden.
Außerdem – und das wurde neu in die Geschäftsordnung der Kommission aufgenommen – soll als Referenzwert 60 Prozent des „Bruttomedianlohns“ von Vollzeitbeschäftigten dienen. Das ist nicht der durchschnittliche Lohn, bei dem gerade wenige, aber sehr gut Verdienende den Wert nach oben treiben, sondern der Wert in der Mitte: Die eine Hälfte verdient mehr, die andere Hälfte weniger. Die Europäische Union empfiehlt, diesen Wert heranzuziehen. Und auch im Koalitionsvertrag taucht dieser Referenzwert auf.
Zudem muss die Kommission die Konjunktur im Blick haben. Wenn „besondere ökonomische Umstände“ vorliegen, würde ein zu hoher Mindestlohn der Wirtschaft schaden.
Höhe des Lohnplus‘ umstritten
Dass ab Januar der Mindestlohn angehoben wird, ist so gut wie sicher. Nicht sicher ist jedoch, wie hoch das Plus am Ende ausfällt. Momentan liegt die gesetzliche Lohnuntergrenze bei 12,82 Euro in der Stunde. Immer wieder genannt werden 15 Euro. Die Zahl taucht auch im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot auf. Da ist von „Gesamtabwägung“ die Rede, von den „60 Prozent des Bruttomedianlohnes“. Und dass „auf diesem Weg ein Mindestlohn von 15 Euro“ erreichbar sei – und zwar schon 2026.
Das allerdings wird von vielen Wirtschaftsverbänden bezweifelt. Es wäre ein Plus von 17 Prozent zum jetzigen Mindestlohn. Das gefährde Arbeitsplätze in Jobs wir der Logistik oder im Handel, wo das Einkommensniveau geringer ist.
Berücksichtigt man aber die Entwicklung der Tariflöhne in den letzten zwei Jahren, kommen Gewerkschaften zu dem Schluss: 15 Euro mindestens sei gerechtfertigt. Das stärke die Kaufkraft und damit die Wirtschaft. Und die Mindestlohnkommission? Die schweigt und bewegt die Rechenschieber.