Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will die von der Ampel-Koalition beschlossene Krankenhausreform ihres SPD-Vorgängers Karl Lauterbach (SPD) nachbessern. Warken rechnet aber trotz der Überarbeitung der Reform mit Klinikschließungen.
Überversorgung soll weiterhin abgebaut werden
Ein neuer Gesetzentwurf werde dazu führen, dass Leistungen an weniger Standorten konzentriert werden, sagte sie der „Main-Post“ und der „Augsburger Allgemeinen“. „Es wird zu Strukturveränderungen durch Zusammenlegungen und Schließungen kommen“, erklärte Warken. Ziel sei es, Überversorgung abzubauen. „Wir wollen die Qualität der Versorgung durch klare Vorgaben verbessern und die Wirtschaftlichkeit der Kliniken sichern“, betonte sie. Für planbare, spezialisierte Eingriffe könnten längere Wege nötig werden. Dennoch bleibe die flächendeckende Grundversorgung ein zentraler Anspruch, so die Ministerin.
Warken will Ausnahmeregelungen – Grüne sehen „Flickenteppich“
Ihr Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett laut Medienberichten am Mittwoch beraten will, sieht zahlreiche befristete Ausnahmeregelungen für die Bundesländer vor. Diese sollen vor allem den Erhalt versorgungsrelevanter Kliniken in ländlichen Regionen sichern. Die Sicherung der Notfallversorgung bleibe dabei ein Schwerpunkt, betonte Warken. Sie will die umstrittene Notfallreform noch in diesem Jahr voranbringen.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen kritisierte Warkens Pläne scharf. „Dieses Gesetz ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt – der Abrissbagger der Krankenhausreform“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Vor allem kleine Grund- und Notfallkrankenhäuser auf dem Land würden darunter leiden. Dahmen warnte vor einem Flickenteppich durch umfangreiche Ausnahmeregelungen, steigende Kosten und sinkende Qualität. Warken hebele zentrale Mechanismen der Reform aus, etwa die Einführung von Leistungsgruppen, Pflegepersonaluntergrenzen und Facharztstandards. „Das wird die Qualität der Versorgung senken. Menschen können sich nicht mehr darauf verlassen, dass ein Krankenhaus auch tatsächlich ein Krankenhaus ist“, so Dahmen. „Wir bekommen schlechtere Qualität zu höheren Kosten – das Schlechteste aus zwei Welten.“
Darum gehts bei der Krankenhausreform
Die von Lauterbach angestoßene Reform, die 2025 in Kraft treten und bis 2029 umgesetzt werden soll, zielt auf mehr Spezialisierung und eine Abkehr von der Finanzierung über Fallpauschalen. Sie soll die Behandlungsqualität verbessern und ein unkontrolliertes Kliniksterben verhindern.
Kritik an den geplanten Änderungen wies Warken zurück. „Die Reform war in ihrer ursprünglichen Form nicht praxistauglich“, sagte sie im ARD-„Morgenmagazin“. „Die einen sagen, sie wird verwässert, den anderen geht sie nicht weit genug. Mit den Änderungen schaffen wir, dass sie vor Ort tatsächlich umgesetzt werden kann.“ Man habe sich im Koalitionsvertrag auf diese Schritte verständigt. „Wir setzen weiterhin auf mehr Qualität und Bündelung von Leistungen. Das bleibt, es gibt nur etwas mehr Zeit dafür“, erklärte sie.
„Klinik-Atlas“ – zumindest das Label steht vor dem Aus
Was hingegen schneller kommen könnte: Der vom Bundesgesundheitsministerium gestartete „Bundes-Klinik-Atlas“ zu Leistungen der Krankenhäuser in Deutschland steht grundsätzlich auf dem Prüfstand. Das Vergleichsportal war im Mai 2024 vom damaligen Minister Karl Lauterbach gestartet worden. Es soll über Leistungen und Behandlungsqualität der 1.700 Krankenhäuser informieren. Zur Einordnung werden die Zahl der Fälle für Behandlungen und die Personalausstattung in einer Tacho-Anzeige abgebildet. Das Portal war von Beginn an von den Ländern, Fachgesellschaften kritisiert worden, ebenso von der Klinikbranche, die ein eigenes Verzeichnis dazu anbietet.
Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland verfügte Warken die Auflösung einer Projektgruppe für den „Bundes-Klinik-Atlas“ rückwirkend zum 30. Juni. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Das Ende einer Projektgruppe im Ministerium sei nicht gleichbedeutend mit der Einstellung der inhaltlichen Arbeit.