Es fühlt sich an wie ein extrem nasser Herbst in Schottland. Doch Oliver Opitz steht in einer Fabrikhalle in Putzbrunn im Osten von München. Draußen strahlt die August-Sonne, doch hier drinnen schüttet es wie aus Kübeln. Zumindest im sogenannten Regenturm. Eine Art Glaskasten, in dem der Textil-Hersteller Gore Fabrics testet, ob und bis zu welcher Belastung seine Stoffe wasserabweisend bleiben. Oliver Opitz ist bei Gore Spezialist für militärische Kunden. Das Unternehmen, das vor allem für seine Marke Gore-Tex bekannt ist, beliefert nämlich – zumindest indirekt – jede Nato-Armee mit seinen Textilien. Auch deutsche Soldaten tragen Jacken, Hosen und Stiefel, in denen sich Gore-Fasern finden.
Mehr Soldaten = mehr Uniformen
In Zukunft wird die Nachfrage noch einmal massiv steigen. Denn die Bundeswehr soll wachsen. Und mehr Soldaten bedeuten automatisch mehr Material. Zum anderen sollen die Soldatinnen und Soldaten eine neue, zeitgemäße Ausrüstung erhalten sagt Thomas Meyer. Der ehemalige Offizier betreut bei Gore Fabrics den Großkunden Bundeswehr. Er erklärt, dass sowohl aktive Soldaten als auch Reservisten ein komplett neues Bekleidungssystem erhalten sollen: Von der Socke über die Unterwäsche bis hin zu Kampfbekleidung inklusive Nässe- und Kälteschutz.
Rechnet man alles zusammen, dann wird es bei diesen Aufträgen um mehrere Milliarden Euro gehen, um Unterwäsche und Schuhe in riesigen Stückzahlen, um Hunderttausende von Socken, Hosen, Hemden und Jacken. Es ist ein gewaltiger Kuchen und zumindest ein Stück davon wollen sich auch bayerische Mittelständler sichern. Schöffel zum Beispiel.
Bayerische Mittelständler als Bundeswehr-Partner
Die Traditionsfirma Schöffel aus Schwabmünchen ist vor allem bei Wanderern und Outdoor-Sportlern bekannt. Seit kurzem beliefert Schöffel aber auch das Militär, zum Beispiel mit einem sogenannten Combat Shirt für die Bundesmarine, einer Art Pullover. Dafür wurde extra die Sparte Schöffel TEC gegründet. Das sei nötig gewesen, sagt deren Chefin Nicole Prell. Denn das Militärgeschäft habe wenig mit dem zu tun, was man bei Schöffel in der Vergangenheit kannte. „Zum einen arbeiten wir nicht in einem Kollektions-Geschäft mit mehreren Kollektionen pro Jahr. Sondern wir arbeiten Ausschreibungs-getrieben und haben natürlich auch das Risiko: Entweder verkaufen wir 100 Prozent. Oder nichts.“
Große Aufträge, kleine Rendite?
Die Chancen für einen Großauftrag stehen derzeit wohl gut. So berichtete das Fachmedium „Hartpunkt.de“ zuletzt, dass Schöffel TEC den Zuschlag für mindestens 77.000 neue Bundeswehr-Hosen bekommen dürfte, auch wenn dies offiziell noch niemand bestätigt. Wie viel das Unternehmen daran verdienen wird, das werde man aber erst in einigen Jahren sehen, sagt Nicole Prell. So müssen die Firmen Fixpreise für sieben Jahre akzeptieren. Obwohl sie gar nicht wissen können, wie sich zum Beispiel die Kosten für Energie, Rohstoffe und Löhne entwickeln. Das Ganze sei also bei weitem kein Selbstläufer.
Outdoormarkt in der Krise
Die Chefin von Schöffel TEC spricht im Interview offen darüber, warum die Firma auf Bundeswehr-Aufträge hofft: Die klassische, zivile Outdoorbranche steckt nämlich in der Krise. Billigangebote von asiatischen Online-Händlern und Kampfpreis-Aktionen bei Discountern bedrohen Markenhersteller wie Schöffel oder Lowa. Auch der Schuhproduzent aus Jetzendorf setzt auf langfristige Militäraufträge, redet aber ungern darüber. Eine Interviewanfrage des BR lehnte Lowa schriftlich ab. Man werde von der Kundschaft vor allem als Outdoormarke wahrgenommen, und diese Positionierung möchte man derzeit bewusst nicht durch eine breitere Darstellung des sogenannten Professional-Segments erweitern.