Wirtschaftlicher Aufschwung bringt Fachkräftemangel geballt zurück
Dass sich die Branchen in verschiedene Richtung entwickeln, ist kein Zufall. Die Industrie benötigte deshalb so viel weniger Personal, weil dort „die Absatz- und Auftragsrückgänge am stärksten sind“, erklären KfW und ifo-Institut.
„Sobald die Wirtschaft aber wieder in Schwung kommt und vermehrt Personal nachfragt, ist mit einem sehr großen Anstieg zu rechnen“, sagt Jurek Tiedemann, der am Institut der deutschen Wirtschaft forscht.
Es ist, als hätte die schwache wirtschaftliche Lage beim Fachkräftemangel derzeit die Pause-Taste gedrückt.
Bauwirtschaft: Bedarf an Fachkräften wächst bereits wieder
Richard Bäuerle weiß, was das bedeutet. Er arbeitet für das Bauunternehmen Michael Pichler im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Die Firma beschäftigt rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, könnte nach eigener Aussage jedoch aus dem Stand direkt zehn Prozent mehr einstellen.
Bauleiter Bäuerle beobachtet bereits jetzt, dass die Bauwirtschaft allmählich wieder aus ihrem Tal kommt. Zieht die Konjunktur aber erst richtig an, ließe sich das Geschäft nicht unbegrenzt steigern. „Wenn man keine Fachkräfte hat, kann man natürlich auch weniger Aufträge annehmen“, sagt er.
Wie dem Bauunternehmen dürfte es bei einem Aufschwung vielen Firmen gehen. Ohne genügend qualifizierte Beschäftigte aus dem Ausland, bleibt der deutsche Arbeitsmarkt ein Nullsummenspiel: Firma A wirbt Firma B einen Mitarbeiter ab – und verlagert damit das Problem der fehlenden Arbeitskraft nur, ohne es für den gesamten Markt zu lösen.
Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel: Wie passt das zusammen?
Als Folge dürfte der Fachkräftemangel früher oder später auch die Agenda der neuen Bundesregierung erreichen. Nur Milliarden mit einem Schuldenpaket für die Infrastruktur zu verteilen, baut noch lange keine Straßen oder Gebäude.
Einen Vorgeschmack gab es kürzlich bereits auf der Internationalen Handwerksmesse in München. Dort forderten die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft neben anderen Reformen auch eine „umfassende Gesamtstrategie“, bei der insbesondere die berufliche Bildung gestärkt werden müsse.
Bildung und Weiterbildung sind auch deshalb zentral, weil der Arbeitsmarkt von einem sogenannten „Mismatch“ geprägt ist: „Betriebe, die einstellen möchten, suchen andere Qualifikationen als die verfügbaren“, erläutert die Deutsche Industrie- und Handelskammer auf Basis ihres jüngsten Fachkräftereports (externer Link). Das zeigt: Mehr Arbeitslose und Fachkräftemangel schließen sich nicht gegenseitig aus.
Mögliche Folgen für Kunden: Längere Wartezeit und höhere Preise
Auch für Kundinnen und Kunden dürfte es Folgen haben, wenn die Auftragsbücher der Firmen voller werden: Zum einen dürfte es wieder länger dauern, einen Handwerker zu bekommen. Zum anderen könnte es auch teurer werden, da Arbeit als knappes Gut seinen entsprechenden Preis hat.