Eine neue Vermögensteuer ist ein sehr dickes Brett, das viele Politiker am liebsten nicht bohren würden. Es ist schon rein rechtlich kompliziert, ein sauberes Modell vorzulegen. Das zeigt sich daran, dass das Bundesverfassungsgericht 1995 die damalige Vermögensteuer de facto einkassiert hatte. Kernproblem war eine damals völlig veraltete Bewertung von Immobilien. Häuser und Grundstücke wurden deshalb gegenüber anderen Vermögenswerten laut der Verfassungsrichter bevorzugt behandelt, für sie wurde also zu wenig Steuer bezahlt
Sollte man dieses Problem ausräumen können, bleibt noch immer die höchst heikle Frage, wen soll eine neue Vermögensteuer eigentlich belasten? Konkret: welche Freibeträge will man, beziehungsweise, ab welchem Vermögen soll die Steuer greifen? Die alte Vermögensteuer Mitte der 1990er-Jahren galt ab 120.000 DM pro Person, das entspräche heute kaufkraftbereinigt ungefähr 100.000 Euro. Diese Grenze wäre selbst der Linken, als vehementer Vermögensteuer-Verfechterin, zu niedrig. Ihre Schwelle: eine Million Euro.
Deutsche wollen die Vermögensteuer
Die Linke hat mit Ihrer Forderung eine Mehrheit hinter sich. In einer Forsa-Umfrage vom Sommer 2024 waren 62 Prozent der Befragten für eine Steuer, die ab einer Million Euro greift. Zu den Gegnern zählten vor allem die Wählerinnen und Wähler von FDP und AfD. Unions-Anhänger waren überwiegend dafür (55 Prozent). Große Zustimmung gab es bei Grünen und SPD.
Warum auch eine Million womöglich zu „streng“ wäre
Bei einer Million Freibetrag müssten allerdings viele Hausbesitzer Vermögensteuer zahlen – vor allem in einigen Gegenden Bayerns mit hohen Immobilienpreisen. Außerdem würden mittelständische Unternehmen belastet. Ein Betriebsvermögen von einer Million ist schnell erreicht. Eine Regelung, nur private Vermögen zu belasten, wäre kompliziert und womöglich auch leicht zu umgehen, indem Privatvermögen schnell zu Betriebsvermögen umdeklariert wird, wie Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin erklärt.
Vermögensteuer nur für „Yachtbesitzer“?
Dies dürfte einer der Gründe sein, warum die SPD den Freibetrag deutlich höher ansetzen würde. Im Wahlprogramm war noch von 100 Millionen die Rede, damit würden wirklich nur noch Superreiche anvisiert. Zu diesem Kreis würden laut Bach rund 4.700 Personen zählen. Seitdem die SPD gemeinsam mit der Union regiert, gibt es von ihr allerdings keinen konkreten Vorstoß zur Vermögensteuer mehr. Das Thema verspricht viel Ärger, vor allem mit dem Koalitionspartner: CDU und CSU lehnen eine neue Vermögenssteuer vehement ab.
Wie könnte ein Kompromiss aussehen?
DIW-Experte Bach regt nun ein Modell an, das relativ harmlos erscheint. Dabei würden Vermögen ab 25 Millionen versteuert werden. Mittelständische Firmen wären weitgehend ausgespart, Eigenheimbesitzer sowieso. Betroffen wären rund 30.000 Personen, die bei diesem Kompromiss von der Vermögensteuer belastet würden – mit einem Prozent. Wer also 30 Millionen besitzt, müsste jährlich 50.000 Euro zusätzlich an den Staat abführen.
Mit diesem überschaubaren Personenkreis wäre auch der Aufwand einigermaßen begrenzt, den die Verwaltung betreiben müsste, um eine solche Steuer zu erheben und einzutreiben. Stefan Bach schätzt die Kosten auf maximal eine Milliarde Euro. Dem würden jährliche Einnahmen von rund 20 Milliarden gegenüberstehen.
Warum auch der Kompromiss schlechte Chancen hat
Auch wenn es sehr viele Menschen als gerecht empfinden würden, Reiche und Superreiche mehr zur Kasse zu bitten, in der Praxis bleibt das Vorhaben schwierig. Denn Kapital ist sehr wendig. Die Milliardenvermögen sind meist in international aufgestellten Firmenkonstrukten untergebracht und lassen sich schnell in den einen oder anderen Staat transferieren. Eine wirksame Vermögensteuer, die Milliardäre mit einbeziehen soll, lässt sich deshalb nur weltweit umsetzen.
Auch mittelgroße Vermögen bekommt man in Deutschland schwer fiskalisch zu greifen. Dafür sei der politische Einfluss einiger Familienunternehmer zu groß, sagt Stefan Bach. Die Drohung, die eigene Firma dann eben zu verkaufen, ist ein Totschlagargument. Pointiert gesagt: kaum ein Politiker will verantworten, dass sich ausländische Investoren gut laufende deutsche Unternehmen unter den Nagel reißen. Laut dem Experten Stefan Bach sieht es nicht zuletzt deshalb eher schlecht aus für eine Vermögensteuer in Deutschland.