Kaffee wird gefühlt ständig teurer. Und das Gefühl trügt vor allem in diesem Jahr überhaupt nicht. Nachfrage beim statistischen Landesamt: Dort kennt man die Preisentwicklung für Bayern. Monat für Monat wurde Bohnenkaffee demnach um zweistellige Prozent-Raten im Jahresvergleich teurer. Zuletzt im Juli waren es sogar über 20 Prozent, die Verbraucher mehr zahlen mussten, als im Juli 2024. Einzige Ausnahme: April mit „nur“ 6,5 Prozent Plus.
Damit ist klar: Die Kaffee-Preise galoppieren der Inflationsrate regelrecht davon. Die pendelt sich mittlerweile ja um die von der EZB gewünschten zwei Prozent ein. Kaffee lässt sich preislich dagegen nicht einhegen. Einer der Gründe: Ernteausfälle durch Extremwetter.
Preisschock in den USA wegen Trumps Zöllen
Den US-Konsumenten drohen derzeit zusätzliche Preissteigerungen, die jene aus Bayern bei weitem übertreffen. Grund: Seit dem 6. August gilt für Kaffee aus Brasilien 50 Prozent Zoll. Brasilien ist der mit Abstand weltgrößte Lieferant. Die US-Zölle könnten nun dort zwei Effekte auslösen. Die Händler schlagen erstens die Zölle einfach auf den Preis drauf und am Ende zahlen die Konsumenten die 50 Prozent. Und zweitens werden einige Lieferanten einfach einen Bogen um die USA machen, um den ganzen Zoll-Scherereien aus dem Weg zu gehen. Das reduziert das Angebot und treibt die Kaffee-Preise in den USA zusätzlich an.
Kommt mehr Kaffee nach Europa?
Denkbar wäre nun, dass jener Kaffee, der nicht mehr in die USA geliefert wird, in Europa landet. Schön wäre natürlich, wenn das dann zu einem Überangebot auf unseren Märkten und zu sinkenden Preisen führen würde. Die Wahrscheinlichkeit dafür schätzt Judy Ganes allerdings als gering ein. Sie ist Chefin einer Beratungsfirma für die Lebensmittel- und Agrarindustrie unter anderem mit Sitz in New York und beobachtet die Märkte genau. Ganes glaubt, dass ein Preisdämpfer in Europa wegen der US-Zölle, wenn dann nur kurz zu sehen sein wird. Wahrscheinlicher ist, dass Kaffeeimporteure Lieferungen einlagern, um ein Überangebot an den Märkten zu verhindern. Die Lager sind derzeit ohnehin ziemlich leer.
Teurer Kaffee könnte Trump schaden
Judy Ganes glaubt außerdem, dass der US-Präsident die 50 Prozent Zoll auf Kaffeelieferungen aus Brasilien nicht lange durchhalten wird, wie sie BR24 erklärt. An kaum etwas lässt sich der Effekt von Trumps Zoll-Politik unmittelbarer ablesen, als am Preis für „my daily coffee“. Und es wäre nicht das erste Mal, dass Negativ-Schlagzeilen im eigenen Land den Präsidenten zum Umdenken bewegen. Mit dem möglichen Entspannungseffekt an den europäischen Märkten wäre es schnell wieder vorbei, sollten die Zölle wieder wegfallen.
Neue EU-Verordnung könnte Kaffee bei uns verteuern
Viel wahrscheinlicher als ein kurzfristig positiver Effekt ist dagegen, dass die Europäische Union für kräftige Preissteigerungen sorgt und zwar mit der Entwaldungsverordnung. Die sieht vor, dass Unternehmen künftig nachweisen müssen, dass ihre Rohstoffe von Agrarflächen stammen, auf denen bis Ende 2020 keine Wälder gestanden haben. Kaffee von Plantagen, auf denen zuvor gerodet worden war, soll also nicht mehr nach Europa kommen.
Die Verordnung gilt ab Ende 2025. Kleinbauern haben zwar sechs Monate zusätzlich Zeit, um die Vorgaben einzuhalten. Die Lebensmittelexpertin Judy Ganes glaubt aber, dass das nicht viel hilft: „Ich halte die Regelung zwar für ein edles Vorhaben, doch die Vorlaufzeit ist viel zu knapp bemessen.“ Trifft ihre Einschätzung zu, dann könnte nächstes Jahr Kaffee in Europa knapper werden, mit entsprechenden Folgen für den Preis.