Malik Gannouchi hat vor ein paar Jahren beschlossen, Medien- und Kulturpädagogik zu studieren. Ihm war sofort klar: Ohne BAföG kann er sich das Studium wahrscheinlich nicht leisten. Also stellte er einen Antrag. Doch schon bald merkte er, „dass es gar nicht so einfach geht“.
Was ist BAföG?
BAföG ist eine finanzielle Unterstützung, die Studierende vom Staat erhalten, wenn sie sich ein Studium nicht leisten können. Die eine Hälfte wird als Zuschuss gewährt, die andere als zinsfreies Darlehen. Insgesamt müssen die BAföG-Empfänger höchstens 10.010 Euro zurückzahlen.
Damit Studierende BAföG in Anspruch nehmen können, müssen sie verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Dabei spielen beispielsweise das Alter und das eigene Vermögen eine Rolle. Üblicherweise ist eine jährliche Antragstellung mit den entsprechenden Nachweisen notwendig.
Bürokratische Hürden
Obwohl Malik alle Voraussetzungen erfüllt hat, zog sich die Bearbeitungszeit bei seinem Erstantrag erheblich. Der Grund: Er hat seit Jahren keinen Kontakt zu seinem Vater. Beim BAföG wird auch das Einkommen der Eltern angerechnet: Je mehr sie verdienen, desto weniger Förderung gibt es. Elternunabhängiges BAföG ist nur in Ausnahmefällen möglich. Monatelang versuchte das BAföG-Amt deswegen Maliks Vater zu finden. Sie wollten überprüfen, ob er nicht doch das Studium mitfinanzieren kann.
In dieser Zeit lebte Malik unter anderem von Erspartem, verschuldete sich, nahm Hilfe von seiner Familie an und holte weggeworfene Lebensmittel aus Müllcontainern. Erst nach einem halben Jahr erhielt er BAföG. Ein Einzelfall ist er damit nicht. Viele Studierende berichten von langwierigen Antragsprozessen.
Das Geld reicht oft nicht
Gereicht hat Malik BAföG nicht – er arbeitete nebenher. Dann wurde es brenzlig: “Letztes Jahr habe ich zweimal meinen Job in kurzer Zeit verloren und habe angefangen, meine Bücher, meine Klamotten zu verkaufen, um meine Semestergebühren zu bezahlen“, erinnert er sich.
Kritik an den BAföG-Sätzen gibt es immer wieder. Wer ausgezogen und nicht familienversichert ist, kann bis zu 992 Euro pro Monat bekommen. Allein für die Wohnkosten müssen Erstsemester laut Analyse des Moses Mendelssohn Instituts im Schnitt aber monatlich 505 Euro zahlen.
Zwischen Hörsaal und Nebenjob
Malik erhält inzwischen kein BAföG mehr, da er die Regelstudienzeit überschritten und damit seinen Anspruch verloren hat. Um sich sein Studium weiterhin zu finanzieren, arbeitet er aktuell 20 Stunden die Woche als Werkstudent.
Jasmin Siri ist Soziologin und unterrichtet aktuell an der LMU München. Sie hat die Beobachtung gemacht, dass immer mehr Studierende sich für einen Job anstatt für BAföG entscheiden, „weil sie sagen, es reicht sowieso nicht, dann arbeite ich gleich“. Sie hat Verständnis dafür. Allerdings fehlen dadurch auch immer häufiger Studierende in den Lehrveranstaltungen, was sich negativ auf die Studienleistungen auswirken kann.
Wie viele Studierende sich statistisch gesehen für einen Job anstatt für BAföG entscheiden, lässt sich momentan nicht sagen. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt jedoch, dass die Erwerbsquote unter jungen Studierenden zwischen 2015 und 2023 von knapp 37 auf 56 Prozent gestiegen ist. Die Zahl der BAföG-Empfängerinnen ist aktuell hingegen auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren.
Jasmin Siri wünscht sich, dass der BAföG-Höchstsatz erhöht und der Antragsprozess vereinfacht wird. Malik stimmt dem zu und fordert, dass BAföG komplett elternunabhängig wird. Die CDU/CSU-Fraktion schließt das allerdings aus. Sie betont, dass BAföG eine Sozialleistung ist. Für sie tragen in erster Linie die Eltern die Verantwortung für den Unterhalt ihrer Kinder, sofern ihr Einkommen das zulässt.
Bundesregierung plant Reform
Im Koalitionsvertrag haben sich die Union und die SPD jedoch auf mehrere Reformmaßnahmen geeinigt. Ein zentrales Ziel bleibt, den Antragsprozess zu vereinfachen. Zu diesem Zweck sollen die Anträge demnächst auch digital bearbeitet werden können. „Es gibt genug Geschichten von BAföG-Ämtern, die erzählen: Wir bekommen die Anträge digital, aber wir drucken die alle erst mal aus, um sie dann in unser System einzupflegen“, erklärt die Bundestagsabgeordnete Lina Seitzl von der SPD.
Außerdem sollen die BAföG-Empfänger künftig mehr Geld erhalten. Geplant ist demnach unter anderem, den Grundbedarf dauerhaft an das Niveau der Grundsicherung anzupassen. Diese Änderung ist jedoch erst im Laufe der kommenden zwei bis drei Jahre vorgesehen.