Die Vielfalt der Bohne: Das Citizen-Science-Vorhaben „Increase“ läuft in Deutschland unter dem Namen „Lass die Bohnen sprießen“. Mitmachen können Hobbygärtner, Balkonbesitzer, Schulen und sogar Kindergärten.
Der Anfang: Bohnenkerne aus aller Welt per Post
Im Frühling hat Oliver Krüger aus Gersthofen bei Augsburg Post bekommen. Sechs kleine Tüten mit unterschiedlich farbigen Aufklebern und Nummern darauf und jeweils mehreren Bohnenkernen drin. In fünf davon waren alte Bohnensorten, aus aller Welt, zufällig ausgelost aus mehr als 1.000 Sorten und die sechste war eine moderne Universalsorte zum Vergleich. Der leidenschaftliche Hobbygärtner hat alle sechs ausgesät: Drei Sorten Stangenbohnen und drei Sorten Buschbohnen.
Die App will wissen: Wie gut ist der Ertrag?
Zum Forschungsprojekt gehört eine App, über die Bohnenfotos hochgeladen werden sollen. Dort gibt man auch ein, wann die einzelnen Sorten blühen oder wie viel man erntet. Es gibt auch eine Meldung, die heißt „Pflanzentod“. Die hat Oliver Krüger gleich im Frühjahr gebraucht. Denn die drei Stangenbohnensorten, die er bekommen hat, haben nicht gekeimt. Unter der Rubrik „Pflanzentod“ werden verschiedene Ursachen angeboten: Krankheit, Hitze, Trockenheit oder Unfall.
Daten für die Wissenschaft und Werbung für die Bohnen
Das Projekt hat mehrere Ziele gleichzeitig: Es soll Wissenschaftlern und Züchtern einen reichen Datenschatz liefern über die Anbaueigenschaften der Bohnensorten. Zum Beispiel: welche internationalen Sorten wachsen in welcher Region besonders gut? Die Bohnen sollen darüber hinaus mehr Raum bekommen in den Gartenbeeten und auf den Tellern, weil sie einerseits ein proteinreiches und nachhaltiges Lebensmittel sind. Andererseits wird mit dem Anbau die Sortenvielfalt erhalten.
Und dann gibt es auch noch ein drittes Ziel, so Kerstin Neumann vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben. Sie ist Wissenschaftlerin hinter dem Citizen-Science-Projekt. „Wir möchten, dass die Teilnehmer, die Bohnen von uns bekommen, nicht nach dem ersten Jahr aufhören, sondern dass die mit ihrer eigenen Ernte weitermachen.“ So könne eine „Erhaltungscommunity“ entstehen, die über die App dann miteinander Saatgut tauschen kann.
Hausgarten hat Vorteile gegenüber der Genbank
Das große Plus, wenn sich die Hobbygärtner um den Samenerhalt kümmern: Sie bauen die Bohnensorten jedes Jahr an und sammeln kontinuierlich zusätzliche Erfahrungen. Viel mehr, als wenn die Sorten in einer Genbank wie in Gatersleben lagern, wo sie nur alle 20 Jahre in die Erde kommen und dazwischen als Kerne tiefgekühlt und dunkel aufbewahrt werden, so Kerstin Neumann.
Die Erbanlagen aller Bohnensorten des Projektes sind sequenziert und mithilfe der Daten aus den Hausgärten sind die Wissenschaftler vielleicht bald in der Lage, Rückschlüsse zu ziehen, „zum Beispiel welche Gene welche Merkmale bestimmen, wenn man da eine Art statistische Verrechnung mit den Daten macht.“ Also welche Gene zum Beispiel dafür verantwortlich sind, dass die Bohnen früher blühen oder später.
Erkenntnisse aus dem Hausgarten in Gersthofen
Hobbygärtner Oliver Krüger hat herausgefunden, dass alle seine Bohnensorten 14 Tage nach dem Blühen erntereif waren – als grüne Bohnen. Eine Sorte war als Bohnensalat kein Genuss – die Hülsen waren zäh. Wird er sie nächstes Jahr aussortieren? „Nee, ich nehm die Samen schon alle“. Einige Hülsen hängen noch an den Pflanzen, und sobald die Kerne trocken und reif sind, erntet er sie.
„Einen Teil tu’ ich mir dann beiseite, dass ich die nächstes Jahr aussäen kann und den Rest ess ich dann halt.“ Zum Beispiel als Eintopf. Die drei internationalen Buschbohnensorten gedeihen in seinem schwäbischen Hausgarten prächtig, findet er.
Anmeldung ab November wieder möglich
Kommendes Jahr läuft die vorerst letzte Runde des Bohnenforschungsprojekts. Wer auch gern sechs von über 1.000 internationalen Sorten im Garten oder auf dem Balkon ausprobieren möchte, kann sich ab November bei „Increase“ anmelden.