Trinkflaschen, Spielzeug, Beißringe, Schnuller – viele Gegenstände für Kinder sind aus Plastik oder enthalten Kunststoffe. Besonders in der oralen Phase, die etwa bis zum Ende des ersten Lebensjahres dauert, nehmen Kinder gerne alles in den Mund. Sie kauen auf dem Löffel herum, saugen am Nuckel oder stecken ihr Spielzeug in den Mund. Auch größere Kinder knabbern beim schwierigen Mathe-Test gerne mal auf Stiften herum. Wenn die Gegenstände aus Plastik bestehen, nehmen die Kleinen häufig Mikroplastik auf (externer Link) und kommen so auch in Kontakt mit Chemikalien.
Forscher warnen vor Gefahr für Kinder durch Plastik-Chemikalien
Doch der frühe Kontakt mit diesen Chemikalien kann erhebliche Gesundheitsrisiken bis ins Erwachsenenalter hinein nach sich ziehen. Zu diesem Ergebnis kam kürzlich eine Auswertung von hunderten Studien, die in der Fachzeitschrift „The Lancet Child & Adolescent Health“ (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) erschienen ist. Kinder seien einer akuten Gefahr durch Plastik in der Umwelt ausgesetzt, so die Forscher.
Die Übersichtsarbeit betrachtet unter anderem drei Stoffklassen: Phthalate, die Kunststoffe flexibel machen, Bisphenole, die für Festigkeit sorgen, und per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), die Materialien hitzebeständig und wasserabweisend machen.
Störungen im Nervensystem, reduzierte Fruchtbarkeit, IQ-Verlust
Es gebe robuste Hinweise darauf, dass Substanzen aus Plastikprodukten Erkrankungen in mehreren Organen begünstigen und die Funktion von Hormonen stören, so das Team. Zudem werde die Belastung durch Giftstoffe aus dem Plastik mit Störungen im Nervensystem, reduzierter Fruchtbarkeit und IQ-Verlust in Verbindung gebracht. Es gebe auch mögliche Zusammenhänge der Chemikalien mit langfristigen Erkrankungen wie Herzproblemen, ADHS, Fettleibigkeit oder niedrigem Geburtsgewicht.
Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) reichen die bisherigen Erkenntnisse zwar nicht aus, um konkrete Risiken durch Mikroplastik für die menschliche Gesundheit abschätzen zu können, doch viele Eltern sind besorgt. Was tun?
Alltags-Tipps der Forscherinnen und Forscher
Wo möglich, sollten Eltern Plastik im Alltag vermeiden. Laut Forschungsteam kann es zum Beispiel helfen, Plastikbehälter durch solche aus Glas oder Edelstahl zu ersetzen und Kunststoff nicht in die Mikrowelle oder die Spülmaschine zu stellen. Plastikflaschen sollten besser von Hand gespült werden. Die Hitze in der Maschine löst nämlich kleine Plastik-Partikel aus den Flaschen. Auch beim Erhitzen von Plastik in der Mikrowelle könnten Mikroplastik und Nanopartikel freigesetzt und später verschluckt werden.
Die Naturschutzorganisation WWF (externer Link) rät zudem, Lebensmittel nicht in Plastikbehältern aufzubewahren. Denn bei längerer Lagerung setzen diese eine erhebliche Menge an Partikeln frei. Experten empfehlen Eltern zudem, bei Produkten wie Glitzer-Shampoos, Badewannen- oder Knetschleim Alternativen zu wählen. Im BUND-Einkaufsratgeber (externer Link) finden sich Listen von Kosmetik-Produkten, die Mikroplastik und andere Kunststoffe enthalten – von der Zahncreme über die Gesichts- bis zur Sonnencreme.
Hinweis auf Mikroplastik auf dem Etikett
Laut AOK (externer Link) lohnt es sich, aufs Etikett von Produkten zu schauen: Finden sich dort beispielsweise Acrylates Copolymer (AC), Polyamide (PA), Polypropylen (PET) oder Polyurethan (PUR), dann ist dies ein Hinweis auf Mikroplastik. Allerdings würden die Bezeichnungen nicht durchgängig einheitlich verwendet. Bei Schnullern geht der Rat zu Produkten mit Naturkautschuk, denn viele Schnuller sind laut Umwelt- und Naturschutzorganisation BUND mit der Hormon-Chemikalie BPA (externer Link) belastet.
Natur- statt Kunstfasern
Auch Kleidung enthält oft Mikroplastik, besonders solche aus Kunstfasern. Wenn kleine Kinder dann am Ärmelende herumkauen, können Sie theoretisch auch so Mikroplastik aufnehmen. Die Umweltorganisation Greenpeace (externer Link) empfiehlt zum Beispiel Kleidung mit Siegeln. Auch wenn kein Siegel perfekt sei, „können Sie sich am Label von GOTS (Global Organic Textile Standard) (externer Link) oder IVN Best vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (externer Link) orientieren“, heißt es auf der Webseite. Beide Label kontrollieren die gesamte Herstellungskette – vom Anbau der Biobaumwolle bis zum weitgehend rückstandsfreien Produkt. Risiko-Chemikalien seien verboten.
Für Leonardo Trasande, Professor für Pädiatrie an der NYU Grossman School of Medicine in New York, ist klar: „Es gibt sichere und einfache Maßnahmen, mit denen Eltern die Plastikbelastung ihrer Kinder begrenzen können, ohne ihr Budget zu sprengen“.
Mit Informationen von dpa