Der Fliegenpilz ist allseits bekannt als Giftpilz – und als eines der ältesten bekannten Rauschmittel. In früheren Zeiten war er nicht nur mit einem gewissen Mythos umgeben, sondern wurde auch ganz praktisch genutzt: In Milch oder Wasser eingelegt, diente er als tödliche Falle für Fliegen.
Von den 4.000 bis 5.000 Großpilzarten in Mitteleuropa gelten nur rund 500 bis 800 als essbar. Etwa 100 sind nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung giftig oder giftverdächtig. Die meisten und gefährlichsten Vergiftungen verursacht der Grüne Knollenblätterpilz und seine weiße Variante. Schon kleine Mengen können zu schweren Organschäden führen.
Tückische Vergiftungen durch Pilze
Symptome können erst Stunden oder gar Tagen nach dem Essen auftreten. Das Tückische: Nach einer Phase scheinbarer Besserung kann es am dritten oder vierten Tag zu Leber- oder Nierenversagen kommen. Erste Anzeichen einer Vergiftung sind unter anderem starkes Erbrechen, Durchfall, krampfartige Bauchschmerzen und Fieber. Wichtig ist sofortige ärztliche Hilfe – Hausarzt, Giftnotruf oder Krankenhaus. Reste des Sammelguts sollten für die Analyse aufbewahrt werden. Vermeintliche Hausmittel wie Milch oder Salzwasser sind tabu. Wenn die Vergiftung nur wenige Stunden her ist, kann es helfen, sich zu erbrechen.
Empfehlungen ändern sich: Das Wissen über Pilze aktuell halten
Pilzkenntnisse müssen regelmäßig aktualisiert werden. Der Grünling (Tricholoma equestre) etwa war in Deutschland bis 2001 als Marktpilz zugelassen, gilt aber heute als giftig. In Frankreich endeten mehrere Vergiftungen mit Todesfällen. Auch der Kahle Krempling (Paxillus involutus), lange als essbar angesehen, kann bei wiederholtem Verzehr lebensgefährliche Immunreaktionen auslösen. Die Zahl der Antikörper nimmt mit jeder Mahlzeit zu. „Man kann ihn 20 Mal oder auch 40 Mal essen – dann ist es aber vielleicht die letzte Mahlzeit“, sagte Reinhard Agerer, ehemaliger Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM). Selbst bei manchen Täublingen, die früher als sicher galten, werden inzwischen Unverträglichkeiten beobachtet.
Auch Speisepilze können gefährlich werden
Nicht nur Giftpilze stellen ein Risiko dar. Auch bei essbaren Arten kann es zu Problemen kommen, wenn sie unsachgemäß transportiert oder gelagert werden. Pilze enthalten viel Wasser und Eiweiß – ideale Bedingungen für Bakterien. In Plastiktüten oder Rucksäcken verderben Pilze rasch. Schon leicht zersetzte Fruchtkörper können zu schweren Magen-Darm-Beschwerden führen. Also greifen Sie beim Sammeln zum luftigen Korb.
Lernen von Pilzexperten
Ein aktuelles Pilzbuch oder Pilz-Apps können beim Einstieg helfen, reichen aber nicht aus. In Bayern gibt es mehrere Tausend Großpilzarten, die selbst gute Führer nicht vollständig abbilden. Fotos in Büchern oder Apps sind zudem oft irreführend. Fachleute raten deshalb, Pilzberatungsstellen aufzusuchen, die man bei der jeweiligen Stadtverwaltung erfragen kann, oder an Führungen teilzunehmen. Dort können Sammler ihre Funde überprüfen lassen und schrittweise lernen, Arten sicher zu bestimmen.
Tipps für Pilzsammler
- Nur sammeln, was eindeutig erkennbar ist.
- Auf wenige Arten beschränken. Anfänger sollten mit Röhrlingen beginnen. Zwar gibt es auch hier ungenießbare Arten wie den Satans-Röhrling (Rubroboletus satanas), doch keine tödlich giftigen.
- Frische beachten. Alte oder matschige Pilze gar nicht erst mitnehmen.
- Korb statt Plastiktüte. So bleiben Pilze länger haltbar.
- Die wichtigste Regel lautet: Nur Pilze essen, die zweifelsfrei als Speisepilze bestimmt sind.
Hier finden Sie die Liste der Giftnotrufzentralen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (externer Link).