Er ist wieder da – mit einem blau-metallisch schimmernden Halsschild und einem golden schillernden Rückenpanzer und zwischen 17 und 28 Millimetern lang. Jetzt wurde der Große Puppenräuber (Calosoma sycophanta) wieder in Südbayern gesichtet: in den Lohwäldern im Nordwesten Münchens sowie im Stadtteil Bogenhausen und auch in Freising und Landshut.
Für den Wissenschaftler Stefan Müller-Kroehling von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising ist das eine gute Nachricht: „Der hat diesen äußerst martialischen Namen und ist dabei doch ein ausgesprochen nützlicher Käfer. Eigentlich müsste er ‚Raupenfresser‘ heißen. Er frisst Schmetterlingsraupen und auch -puppen. Die verzehrt er mit großem Heißhunger. Es gibt es Bilder, auf denen er sich in große Raupennester reinstürzt, wie ein Tiger in eine Herde. Da bleibt kein Auge trocken.“
Großer Puppenräuber: Ein Käfer hilft gegen schädigende Raupen
In Nordbayern trat der Große Puppenräuber auch in den letzten Jahren immer wieder auf, angelockt von den sich dort in den Hitzeperioden massiv vermehrenden Schwamm- und Eichenprozessionsspinnern. Die Raupen fressen die Blätter vor allem von Eichen und Hainbuchen. Die Bäume können dabei so geschädigt werden, dass sie absterben. Die Haare der Eichenprozessionsspinner können zudem Allergien auslösen. Mancherorts ist deren Auftreten so massiv, berichtet Müller-Kroehling, dass „Wälder kaum betreten“ werden können.
Die Zunahme der Raupen ist auf die sich ändernden klimatischen Bedingungen durch den Klimawandel zurückzuführen, erklärt Henrik Hartmann, Leiter des Julius-Kühn-Instituts in Quedlinburg, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Und dieser Ausbreitung im Rahmen des Klimawandels ist der Große Puppenräuber jetzt gefolgt“, bestätigt Müller-Kroehling.
Einzelne Exemplare tauchen an ungewöhnlichen Orten auf
Bei seinen „Such-Schwarmflügen“ kommt der Große Puppenräuber manchmal vom Weg ab. So wurde der Käfer auch schon in Frankfurt am Main oder im Gäuboden, fern von Eichenwäldern, gesichtet. Dennoch, sagt der Forstwissenschaftler Müller-Kroehling, sei es ein „Naturwunder“, dass der Große Puppenräuber aus Südfrankreich oder Südeuropa kommend seine Beute so gut findet.
Jahrzehntelang wird er nicht gesichtet und taucht dann plötzlich bei einem Massenbefall von Raupen wieder auf. Bei seinen Flügen dorthin wird er teilweise auch in den Alpen, bis in 2.000 Metern Höhe, gesichtet. Der Käfer überquert aber auch den Ärmelkanal und wurde sogar schon auf Bohrinseln gefunden. An seinen Schultern besitzt der Große Puppenräuber kräftige Muskeln für seine Flügel und sieht damit aus „wie ein Football-Spieler“, beschreibt Stefan Müller-Kroehling den Käfer.
Keine invasive, sondern heimische, nützliche, streng geschützte Art
Weil der Käfer auch in früheren, wärmeren Perioden immer wieder auftauchte, ist er für den Wissenschaftler keine invasive, sondern eine heimische, nützliche Art, die streng geschützt ist – die für ihn auch eine große Hoffnung im Klimawandel ist, weil sie zeige, dass es immer wieder auch Nützlinge wie den Großen Puppenräuber gebe, die sich wegen der Erwärmung ebenfalls ausbreiten – und nicht nur die Schädlinge: „Wir sollten solche südeuropäischen Arten bei uns mit offenen Armen begrüßen.“
Eine Zucht für ein gezieltes Aussetzen ist jedoch zu aufwendig. Die Larven müssten einzeln gehalten werden, da sie sich sonst gegenseitig auffressen. Müller-Kroehlings Trost für Forstwirte, deren Wälder unter einer großen Raupenplage leiden: „Wenn ihr große Probleme mit diesen Schädlingen habt, dann wird der Große Puppenräuber die auch finden, dafür ist er flugstark genug.“
Wer Großen Puppenräuber entdeckt: Bitte Käfer melden!
Damit er mehr über den Großen Puppenräuber, seine Vorkommen und die Faktoren seiner Ausbreitung herausfinden kann, bittet der Forscher um Hilfe: Wer einen der Käfer sieht, solle ihm ein Foto mit der genauen Angabe des Sichtungsortes schicken an:
Auf diese Weise gelangten auch die jetzigen Sichtungen in Südbayern, die ersten seit 1906, in seinen Forschungsdatensatz. Alle Funde will Stefan Müller-Kroehling demnächst als Karte im Internet veröffentlichen. Er hofft, dass mit diesem Citizen-Science-Projekt die Menschen „mehr Spaß daran bekommen, sich mit der Natur zu befassen“.