Grundsätzlich gilt: Pauschale Empfehlungen können bei der Frage, ob man bei Hitze tagsüber die Fenster geschlossen hält oder lüftet, gefährlich sein, denn es müssen verschiedene Faktoren betrachtet werden.
Wenn uns heiß ist, schwitzen wir und geben Feuchtigkeit in die Umgebung ab. So steigt die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung an – vor allem, wenn die Wohnung gut isoliert ist. Zudem ist die Luftfeuchtigkeit im Sommer per se schon erhöht, da warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Ob Lüften eine sinnvolle Maßnahme ist, um die Luftfeuchtigkeit im Raum zu senken, hängt auch davon ab, „ob und wie sich die Luftfeuchtigkeit im Innenraum und in der Außenluft unterscheiden und wie stark die Luftzirkulation ist“, sagt Gudrun Laschewski vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes im Interview mit dem #Faktenfuchs von BR24.
Wenn beispielsweise die Luftfeuchtigkeit außen geringer ist als innen, könne Lüften die Luftfeuchtigkeit im Raum senken, vor allem bei stärkerer Luftzirkulation. Wenn die Luftfeuchtigkeit innen allerdings geringer ist als außen, würde Lüften zu einer Zunahme der Luftfeuchtigkeit im Raum beitragen. Neben der Feuchte im Raum sind zudem die Temperatur und die Luftzirkulation wichtig dafür, wie gut man schwitzen kann.
Warum spielt die Luftfeuchtigkeit beim Schwitzen eine Rolle?
Der Körper versucht bei Hitze, die direkte Hitzeeinwirkung wieder ausgleichen. Das geschehe durch Schwitzen und eine massive Erhöhung des Herzzeitvolumens: „Das heißt, der Kreislauf muss unglaublich viel mehr arbeiten, um die Klimaanlage des Körpers in Gang zu setzen“, so Professor Martin Scherer, Institutsdirektor des Zentrums für Psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf im #Faktenfuchs-Interview.
Schweiß ist dazu da, den Körper zu kühlen. Bei einer erhöhten Luftfeuchtigkeit wird das Schwitzen erschwert: „Die Schweißproduktion bedeutet für den Körper und insbesondere für ältere Menschen eine höhere Belastung. Und je nach Grunderkrankung der älteren Personen und Medikation ist die Temperaturtoleranz bei den Älteren auch um vier Grad reduziert“, erklärt Scherer.
Wenn der Körper dieser erhöhten Belastung, die Hitzeeinwirkung auszugleichen, nicht mehr Stand halten kann, stirbt der Mensch. Vor dem Tod kommt es zu hitzebedingten Vorzeichen und Symptomen wie Ermattung, Schwindel, Fieber und Bewusstseinstrübung.
Eine schwierige Frage: Tagsüber lüften oder Fenster schließen?
Die Frage, ob man tagsüber bei Hitze lüften soll, hängt also von verschiedenen Faktoren ab: Allgemeinmediziner Martin Scherer spricht im #Faktenfuchs-Interview vom „gesunden Menschenverstand“, den man bei dieser Frage anwenden müsse. Ihm zufolge solle man beobachten, wo die Sonne hinscheint und wie hoch die Lufttemperatur draußen ist. Er fasst das folgendermaßen zusammen: „Wann immer die Lufttemperatur draußen kälter ist als drinnen, macht das Lüften Sinn. Wenn es draußen heißer ist als drinnen, sollte man die Fenster geschlossen halten.“
Eine eindeutige Regel zu der Frage: „Fenster auf oder Fenster zu?“ gibt es laut Scherer also nicht. Die Datenlage deute aber darauf hin, dass es Sinn ergebe, nachts zu lüften, weil es dann zu einem Temperaturabfall kommt. Zumindest sonnenseitig sollten die Fenster geschlossen und wenn möglich zum Beispiel durch Jalousien, Vorhänge verdunkelt bleiben, empfiehlt das Bundesumweltamt. Aber, so Hans-Guido Mücke von der Fachgruppe Umweltmedizin und gesundheitliche Bewertung beim Umweltbundesamt: „Der Mensch lebt von frischem Sauerstoff, das heißt, dass Räumen täglich über die natürliche Ventilation durch freie Lüftung Frischluft zuzuführen ist.“
Maßnahmen könnten sein, die Fenster einen Spalt weit zu öffnen, aber trotzdem die pralle Sonne durch Rollos auszusperren. Ideal ist es, wenn man die Möglichkeit hat, Durchzug zu schaffen, also zwei gegenüberliegende Fenster zu öffnen. Letztendlich gibt es keine allgemeingültigen Empfehlungen, die dogmatisch zu befolgen sind, da viele Faktoren eine Rolle spielen.