Zielstrebig läuft Rainer Berchtenbreiter durch einen Wald bei Hegnenbach im Landkreis Augsburg, das Moos unter seinen Füßen leuchtet grün, bei jedem Schritt knacken leise Nadelstreu und kleine Zweige. Hier zwischen den duftenden Fichten und Lärchen ist der 40-Jährige so oft wie möglich unterwegs, um Pilze zu suchen, bestimmen und auch zu sammeln.
Viele giftige Fliegenpilze wachsen hier, Berchtenbreiter zückt bei einem besonders schönen Exemplar sein Smartphone und macht Fotos – die landen später vielleicht auf seinem Instagram-Kanal „Pilze Bayern“, auf dem er regelmäßig in kurzen Videos verschiedenen Pilze vorstellt, möglichst detailliert, wie er sagt: „Auf welche Merkmale muss ich gucken, auf was müssen die Leute achten? Und das motiviert mich, gerade für Anfänger oder Neueinsteiger, das rüberzubringen.“
Erfolgreicher Pilz-Content auf Instagram
Der „Pilzfluencer“ aus dem Landkreis Augsburg hat binnen eines Jahres knapp 38.000 Follower gewonnen, vor allem die Altersgruppe zwischen 25 und 45 Jahren schaut sich seinen Content an. Das erfolgreichste Video hat mehr als eine Million Aufrufe – in diesem geht es darum, dass der essbare Pfifferling dem hochgiftigen Raukopf zum Verwechseln ähnelt. Es brauche großes Fachwissen, um einen Pilz sicher zu bestimmen, schließlich gebe es mehrere tausend Pilzarten alleine in Deutschland.
Pilzberater sieht „Pilzfluencer“ kritisch
Pilze suchen und sammeln, das liegt auf Instagram im Trend. Auch viele andere Kanäle wollen in kurzweiligen Videos über Pilze informieren. Günter Groß sieht das kritisch. Der Vorsitzende des Pilzvereins Augsburg-Königsbrunn hat als Pilzberater schon unzählige Pilze in den Händen gehabt und bestimmt.
Noch nie zuvor habe es so viele Pilzvergiftungen gegeben wie jetzt, denn zu viele Menschen würden unvorbereitet und nur mit Pilzbestimmungs-Apps auf dem Smartphone Pilze sammeln. Und Videos auf Instagram seien ihm oft zu ungenau: „Bei Influencern geht es nur um Art erkennen und zu sagen, kann man essen oder nicht. Und dann gehen die Leute in den Wald. Und das ist nicht Sinn und Zweck. Denn es fehlen die Zusammenhänge“, sagt Groß.
Der Pilzverein, der seit der Corona-Pandemie einen großen Mitgliederzuwachs verzeichnet, bietet regelmäßig Pilzexkursionen an, die stets ausgebucht sind. Dort sollen die Hintergründe zu den Pilzen und den Biotopen, in denen sie wachsen, vermittelt werden. „Wenn ich frage, wo haben Sie den Pilz gefunden, bei Nadel oder Laubbaum, dann wissen das viele nicht. Dabei ist genau das entscheidend“, sagt Groß. Denn Pilze brauchen je nach Art eine bestimmte Umgebung. Alleine das gebe schon viele Aufschlüsse. Und solche Hinweise würden ihm in den Inhalten auf Social Media fehlen.
„Pilzfluencer“ will Fachwissen weiter geben
Rainer Berchtenbreiter betont, dass er als „Pilzfluencer“ genau solche Zusammenhänge in seinen Videos zeigen möchte. Ihm ist es wichtig, „keinen Schmarrn“ in seinen Videos zu erzählen. Deswegen bildet er sich in Schulungen und Seminaren der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft regelmäßig weiter, möchte auch die Ausbildung zum Pilzberater machen, um online wie offline Pilzinteressierte noch besser informieren zu können. Und dem 40-Jährigen ist eine Botschaft besonders wichtig: Beim kleinsten Zweifel einen Pilz lieber liegen lassen und auf Nummer sicher gehen.