Das Wort, das Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) an diesem Vormittag in der Mittelschule an der Guardinistraße in München-Hadern am häufigsten benutzt, ist das Wort „mehr“. Die Ministerin will für die Schulen und die Kinder „mehr Bewegung, mehr Medienkompetenz, mehr Chancengleichheit, mehr politische Bildung“. Das Wort „weniger“ kommt auch vor, in Zusammenhang mit Bürokratie.
Medienkompetenz und Bewegung fördern
Der Grundsatz der bayerischen Bildungsministerin lautet: „Umso jünger, desto weniger digital.“ Kinder müssten zwar früh die Chancen und Risiken der digitalen Welt kennenlernen, aber mit Augenmaß, so Anna Stolz. Daher gibt die Ministerin die Devise aus, Grundschüler sollten maximal 20 Minuten digital unterwegs und mindestens 30 Minuten in Bewegung sein. Für die Kleinen von der 1. bis zur 4. Klasse wird es ab dem kommenden Schuljahr verbindlich eine halbe Stunde Bewegung geben. Im Laufe ihres Schullebens sollen die bayerischen Schüler den „Tablet-Kompass“, den „KI-Kompass“ und den „Social-Media-Kompass“ erwerben.
Verpflichtender Besuch von NS-Gedenkstätten
Ab dem kommenden Schuljahr wird der Besuch einer NS-Gedenkstätte auch für Mittelschüler verpflichtend. Gymnasiasten und Realschüler besuchen bereits einmal in ihrer Schullaufbahn Orte wie zum Beispiel das ehemalige Konzentrationslager in Dachau. Für Ministerin Anna Stolz gehört das zu den wichtigsten Erfahrungen der Schulzeit, einen solchen Ort „mit eigenen Augen gesehen zu haben“. Die Ausweitung auf Mittelschulen hatten CSU und Freie Wähler bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Den Grünen im bayerischen Landtag geht die politische Bildung an den Schulen nicht weit genug. Sie nennen die vor einem Jahr eingeführte Verfassungsviertelstunde „nice to have“, fordern aber flächendeckend ab der 5. Klasse das Fach „Politik und Gesellschaft“.
Exen bleiben – keine Verbote
Ein Thema hatte vor einem Jahr für Unstimmigkeiten innerhalb der Regierungskoalition gesorgt. Anna Stolz hatte zu Beginn des Schuljahres 2024/25 angekündigt, sie wolle Prüfungen und Leistungsnachweise „grundlegend angehen.“ Das wurde mitunter als die baldige Abschaffung der sogenannten Exen gewertet. Umgehend stellte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) klar, dass unangekündigte Leistungstests bleiben. Einen zweiten solchen Vorstoß wagt die Ministerin diesmal nicht, sie stehe zu unangekündigten Leistungsnachweisen, weil man nun einmal in einer „Leistungskultur“ lebe. Stolz erwähnt lediglich, dass es für die einzelnen Schulen Möglichkeiten gebe, „andere Regelungen zu treffen, also auch eine Ankündigung vorzunehmen“. Mehrere Lehrerverbände und Bildungsexperten hatten Söders Exen-Machtwort damals als „völlig daneben“ bezeichnet.
Lehrerzahlen steigen – noch
Für die 1,76 Millionen Schülerinnen und Schüler in Bayern – davon mehr als 132.000 Erstklässlerinnen und Erstklässler – werden zum neuen Schuljahr 4.200 Lehrer in Bayern eingestellt. Davon sind 1.300 neu geschaffene Planstellen – sie dienen nicht dem Ersatz von Pensionierungen. Die Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann, beklagt, die Lehrer reichten nur für die Pflichtstunden, nicht aber für Arbeitsgruppen oder die individuelle Förderung von besonders schwachen oder besonders starken Schülern. Die Lage dürfte sich ab dem nächsten Jahr verschärfen. Dann nämlich dürfen nach derzeitigem Plan in Bayern keine zusätzlichen Stellen mehr geschaffen werden. Anna Stolz sagt, sie werde sich bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen „mit aller Kraft für unsere Schulen einsetzen“.