Auf einem durchschnittlichen bayerischen Acker wachsen rund zehn verschiedene Unkrautarten – vor allem solche, die zu Ertragseinbußen führen. Mehrere hundert andere Unkrautarten sind dagegen harmlos und selten. Damit sie nicht aussterben, sind Stoppelfelder wichtig.
Wer profitiert von einem Stoppelfeld?
Acker-Rittersporn – das klingt nach Zierpflanze und nicht nach Unkraut. Und ist doch beides: eines der schönsten Unkräuter. Die gefährdete Wildpflanze hat aus einem Stoppelacker bei Nordheim vor der Rhön im Landkreis Rhön-Grabfeld eine lila-blaue Blühfläche gemacht. Vor rund vier Wochen hat Landwirt Eugen Hippeli hier Schwarzen Emmer geerntet, eine alte Getreideart, seitdem stehen die Stoppeln. Dazwischen hat der Acker-Rittersporn Zeit zum Blühen und Samenbilden.
Auf den meisten Äckern gibt es vor allem Allerwelts-Unkräuter, die zu spürbaren Ertragseinbußen führen. Auf diesem Stoppelacker wachsen dagegen etliche Besonderheiten, die den Ertrag so gut wie nicht schmälern: Rundblättriges Hasenohr, Acker-Nachtlichtnelke, kleine Wolfsmilch und Ackerhaftdolde zum Beispiel. Der Agrarökologe Stefan Meyer findet 23 verschiedene Arten auf 100 Quadratmetern Fläche. „Davon waren allein fünf Pflanzen von der roten Liste in Bayern. Das ist schon etwas Besonderes, diese Flächen.“
Nutznießer Taubenschwänzchen und Rebhuhn
An den Rittersporn-Blüten sieht man zum Beispiel Hummeln und Taubenschwänzchen. Die verschiedenen Blumen auf den Stoppelfeldern bieten Nektar und Pollen. Ansonsten finden sich zurzeit kaum noch Blüten in der offenen Landschaft, so Stefan Meyer. „Wir haben eben im Spätsommer und im Frühherbst kein Angebot mehr für Insekten. Und da spielen Stoppelfelder eine extrem wichtige Rolle in der Agrarlandschaft.“ Auch als Quelle für Vogelfutter. Meyer geht davon aus, dass allein der Vogelknöterich auf dem Acker hier pro Hektar 20 bis 60 Kilo proteinreiche Samen für Rebhühner, Feldlerchen, Goldammern und andere Feldvögel liefert.
Förderprogramm für mehr Stoppelfelder
Damit auf einem Stoppelfeld auch wirklich besondere Ackerunkräuter blühen und Samen bilden, müssen davor die Grundlagen dafür geschaffen werden. Denn die selten gewordenen Arten gedeihen vor allem auf nährstoffarmen Böden. Das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) [externer Link] honoriert Landwirte, die extensiv wirtschaften und Stoppeln stehen lassen.
Eugen Hippeli macht seit fast 20 Jahren mit. Auf seinen steinigen Ackerflächen verzichtet er auf Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln, düngt und spritzt nicht und lässt die Stoppeln nach dem Dreschen stehen. Dafür bekommt er Ausgleichszahlungen. Auf den guten Feldern versucht der konventionell wirtschaftende Landwirt dagegen, möglichst hohe Erträge zu erzielen. Für ihn eine ideale Lösung. „Ich will jetzt kein Greenwashing betreiben, aber das ist ein Beitrag, wo ich mich selber gut dabei fühle und wo dem Betrieb eigentlich eher positiv was bringt als negativ.“
Eugen Hippeli empfiehlt auch anderen Landwirten mit schlechten Böden, das VNP mal auszuprobieren. „Da sollte man eigentlich mitmachen. Weil das ist ja auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit.“
Und tatsächlich findet das Programm immer mehr Zuspruch. Im Jahr 2025 nahmen die bayerischen Bauern mit 2.800 Hektar beim Programm Extensiver Ackerbau mit Stoppelbrache [externer Link] teil. Viele Flächen davon liegen in der Rhön.
Warum gab’s früher mehr Stoppelfelder?
„Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder“ – heißt es in einem alten Volkslied. Früher war es Standard, auf den Getreideäckern nach dem Dreschen die Stoppeln erst mal ein paar Wochen einfach stehenzulassen. Denn man musste Heu machen, Kartoffeln und Rüben ernten und hatte keine Zeit, die Stoppeln gleich umzupflügen. Außerdem haben oft auch noch Schafherden den Aufwuchs abgeweidet und so genutzt.
Jetzt wird kurzer Prozess gemacht mit den Stoppelfeldern. Agrarökologe Stefan Meyer erklärt: „Heute durch die Technisierung sind wir wirklich in der Lage, innerhalb von einem Tag 20 bis 30 Hektar Stoppelfeld umzubrechen beziehungsweise zu bearbeiten.“ Dann säen die Landwirte meist Zwischenfrüchte, also eine Gründüngung. Das ist zwar schlecht für die Artenvielfalt, aber gut für den Boden und das Grundwasser. Denn die Zwischenfrüchte verhindern, dass Nitrat ausgewaschen wird. Zudem schützen sie den Boden vor Erosion.