Jutta Paulini hat Biologie studiert, ihren Doktor gemacht und war in der Pharmaindustrie tätig, bis ihr die Idee kam, in den Schuldienst einzusteigen. Paulini war zu der Zeit gerade Mutter geworden und im Erziehungsurlaub. „Ich bin von einem Freund angesprochen worden, der hier am Gymnasium in Höchstadt unterrichtet. Ob ich mir zutrauen würde, den Biologieunterricht für einige Klassen zu übernehmen, weil Bedarf da war“, erzählt sie.
Man war sich bald einig. Bis zum Schuljahresende half die Diplom-Biologin als Bio-Lehrerin aus – und wurde wieder gefragt, fürs nächste Schuljahr, mit zwölf Stunden. Neun Jahre lang unterrichtete Paulini am Gymnasium zwischen acht und 16 Wochenstunden, je nachdem, wie sie gebraucht wurde. Als sie dann aber eine Festanstellung wollte, hieß es, sie müsse ein zweijähriges Referendariat machen.
„Entweder Referendariat oder nichts“
Das kam für die Biologin nicht infrage. „Ich wäre bereit gewesen, irgendeinen anderen Nachweis meiner Lehrbefähigung abzugeben“, sagt Paulini. „Aber es gibt keine Möglichkeiten, dass man sagt, man macht eine Lehrprobe. Das ist nicht vorgesehen. Entweder Referendariat oder nichts.“
Der Freistaat setzt bei naturwissenschaftlichen Fächern auch für Quereinsteiger ein Referendariat voraus – zu den bekannten Konditionen. Aus dem Kultusministerium heißt es dazu: „Während der zweijährigen Qualifizierung erhalten Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger Anwärterbezüge.“
Ohne Familienzuschläge liegen diese bei rund 1.600 Euro pro Monat. Für ausgebildete Ingenieure, Physiker, Biologen oder Chemiker, die in der freien Wirtschaft deutlich mehr verdienen könnten, ist das nicht gerade lukrativ.
Pädagogik-Experte: Zeitverträge helfen nicht dauerhaft
Der Augsburger Pädagogikprofessor Klaus Zierer fordert angesichts des Lehrermangels in Bayern, qualifizierte Personen leichter in den Schuldienst zu bringen. „Sie sollten unterstützt werden, dass sie nicht nur von Anfang an gut unterrichten können, sondern auch im System letztendlich erhalten bleiben.“
Der Lehrermangel könne jedenfalls nicht mit Zeitverträgen gelöst werden. Im Übrigen seien die ersten Berufsjahre wichtiger als Studium und Referendariat. Dort entwickle sich die „Lehrerprofessionalität am meisten“, so Zierer.
BLLV legt Wert auf Qualifikation
Anders sieht das der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV). Der Verband warnt vor einer „Entprofessionalisierungsdebatte“. Es gehe darum, den Schülern hochqualifizierten Unterricht zu bieten, sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.
Wer regulär fünf Jahre Lehramt studiere und danach zwei Jahre Referendariat ableiste, hätte Anspruch darauf, dass es bei der Bezahlung „fair“ zugehe. Werde es Quereinsteigern zu leicht gemacht, könne es auch schnell „zu einer Neiddiskussion“ kommen, so Fleischmann.
Mittelschulen: Seiteneinsteiger schneller integriert
Im Mittelschulbereich und im Bereich der Förderschulen, wo die Anzahl der Lehramtsstudenten besonders stark gesunken ist, findet sich für Quereinsteiger inzwischen schneller eine Perspektive auf Festanstellung. Als „Seiteneinsteiger“ können sie berufsbegleitend pädagogische Qualifikationen erwerben und so in kürzerer Zeit festangestellt werden.
Laut Kultusministerium handelt es sich dabei um „Sondermaßnahmen“, die nur dann zum Einsatz kommen, „wenn nicht genügend grundständige Lehramtsabsolventen und -absolventinnen zur Verfügung stehen.“ Wie hoch der Lehrerbedarf in den verschiedenen Schularten in Bayern für das kommende Schuljahr ist, will Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) in der letzten Ferienwoche bekanntgeben.
Auch für Jutta Paulini hat sich nach vielen befristeten Verträgen dann doch eine Gelegenheit für eine Festanstellung ergeben: ein Lehrauftrag von zehn Wochenstunden.