Vier Jahre nach der Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und nach langem Ringen zwischen CSU und Freien Wählern, hat die bayerische Staatsregierung den Weg für die Einführung eines Wassercents freigemacht: Das Kabinett beschloss in München ein Gesetz, das unter anderem eine Wasserentnahme-Gebühr für Grundwasser vorsieht. „Es dient dem Schutz des Wassers“, sagte Söder.
Der Wassercent soll vom 1. Juli 2026 an fällig werden. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) betonte, der Freistaat sei das 14. Bundesland, das eine solche Abgabe einführe. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Wassercent:
Wie viel müssen Privathaushalte zahlen?
Die Belastung für den Einzelnen werde überschaubar sein, versicherte Söder. „Eine vierköpfige Familie wird 20 Euro pro Jahr dafür ausgeben müssen.“
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass eine Abgabe von zehn Cent pro Kubikmeter Wasser fällig wird. Gemessen am durchschnittlichen Wasserverbrauch in Privathaushalten von knapp 140 Litern pro Person am Tag bedeutet dies zusätzliche Kosten von rund fünf Euro pro Person im Jahr.
Für wen gibt es Ausnahmen?
Vorgesehen ist eine Freimenge von 5.000 Kubikmetern im Jahr. Privatpersonen profitieren davon aber kaum: Die Freimenge gilt nicht für den einzelnen Kunden, sondern für den Wasserversorger. Der legt die Freimenge auf die vielen Nutzer um und stellt diesen den Wassercent in Rechnung.
Nutzer eigener Brunnen sind hier im Vorteil, zum Beispiel Landwirte und Unternehmen. Sie zahlen erst für die Menge, die 5.000 Kubikmeter übersteigt. Für bestimmte Wasserentnahmen wird keine Abgabe erhoben, beispielsweise wenn die Feuerwehr Wasser zum Löschen verwendet. Auch fürs Kühlen, für die Fischerei und die Erzeugung erneuerbarer Energien wird keine Abgabe fällig. Ebenfalls ausgenommen ist Wasser, das Bauern für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb und das Tränken von Vieh verwenden.
Ist der Wassercent fair?
Umweltminister Glauber legt Wert auf die Feststellung, dass es in allen Bundesländern Freigrenzen gibt. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek betont: „Der Wassercent ist gerecht, fair, einfach und nachhaltig.“
Dagegen kritisiert der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU), die Pläne als „ungerecht“. Es dürften „nicht schon wieder Ausnahmen für ein bestimmtes Klientel geschaffen werden“. Die SPD-Umweltexpertin im Landtag, Anna Rasehorn, bemängelt: „Während Privatpersonen über die Wasserversorger belastet werden, kommen industrielle Großverbraucher durch großzügige Freimengen und Ausnahmen weitgehend ungeschoren davon.“
Für den Bund Naturschutz ist die Freigrenze von 5.000 Kubikmetern zu hoch: Viele industrielle und landwirtschaftliche Betriebe lägen unter dieser Grenze. Auch Marian Rappl vom Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft kritisiert die „massiven Ausnahmen“: „Wir hätten uns gewünscht, dass alle Verbraucher den Wassercent bezahlen müssen.“
Wie wird abgerechnet?
Für die Privathaushalte läuft die Abrechnung über ihren Wasserversorger, zum Beispiel die Stadtwerke. Betriebe mit eigenem Brunnen schätzen die Wassermenge. Laut Staatskanzlei gilt „der Grundsatz von Vertrauen und Selbstverantwortung“.
Der Bund Naturschutz sieht darin eine Einladung zum Betrug. Der Gemeindetag fordert, alle Wasserentnahmemengen zu messen, „um eine geschlossene Wasserbilanz zu erhalten“. Brandl hält sogar eine Klage gegen das Gesetz für möglich.
Wofür wird der Wassercent verwendet?
Sämtliche Einnahmen aus dem Wassercent sollen zweckgebunden in den Wasserschutz und eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung fließen. Söder betonte, das Geld werde nicht für das Stopfen von Haushaltslöchern verwendet. Glauber erläutert: „Wasser ist ein lokales Produkt und damit auch eine Sicherung der Zukunft vor Ort. Und mit dem Wassercent wollen wir genau diese Zukunftssicherung gemeinsam betreiben.“ Dafür gibt es Lob vom Bund Naturschutz.
Wie soll der Hochwasserschutz schneller werden?
Um den Ausbau des Hochwasserschutzes zu beschleunigen, soll im Gesetz dessen „überragendes öffentliches Interesse“ festgelegt werden. Das heißt, dass auch Enteignungen möglich sein sollen, wenn es um den Hochwasserschutz geht, wie Gemeindetagspräsident Brandl erläutert. Bisher habe die Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen in vielen Fällen auf der Zielgeraden nicht mehr stattfinden können, „weil Einzelinteressen unter Umständen nicht befriedet werden konnten“.
Kritisch sieht Brandl dagegen die Möglichkeit für Kommunen, auf eigene Kosten Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewässern erster und zweiter Ordnung selbst zu errichten: Der Freistaat ziehe sich aus der Verantwortung. Das führe dazu, dass „die große Politik wieder auf den einzelnen Bürgermeister oder die Bürgermeisterin vor Ort zeigt“. Dabei sei „ausschließlich der Freistaat Bayern zuständig, nicht die kommunale Ebene“.