Zecken sind ein „Erfolgsmodell der Evolution“, schon bei den Dinosauriern haben sie Blut gesaugt. Sie sind aber nicht nur Überlebenskünstler, sondern auch Überträger von Infektionskrankheiten. Neben den bekannten Risiken wie die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Borreliose rücken in Deutschland neue Erreger in den Fokus, die durch Zeckenarten verbreitet werden, die hier bislang nicht heimisch waren. Steigende Temperaturen und milde Winter begünstigen die Ausbreitung wärmeliebender Arten.
Hyalomma-Zecke: Einwanderer mit gefährlichem Virus im Gepäck
Ein Beispiel ist die Hyalomma-Zecke. Sie stammt aus Afrika und Südeuropa, wird aber regelmäßig mit Zugvögeln nach Deutschland eingeschleppt – und könnte langfristig heimisch werden. Auffällig ist ihr Aussehen, denn sie ist deutlich größer als heimische Zecken und hat gestreifte Beine. Außerdem lauert die Hyalomma-Zecke nicht passiv auf ihre Opfer wie der heimische Gemeine Holzbock, der sich im Gras sitzend mitschleifen lässt. Sie ist eine Jagdzecke, die spinnenartig schnell auf ihre Opfer zuläuft.
Die Hyalomma-Zecke kann unter anderem das gefährliche Krim-Kongo-Fieber-Virus übertragen. Die Erkrankung verläuft mit hohem Fieber, kann innere Blutungen verursachen und im schlimmsten Fall tödlich enden. In Südosteuropa wurden bereits schwere Fälle dokumentiert. In Deutschland wurde das Virus beim Menschen bisher nicht nachgewiesen, Fachleute sehen jedoch ein wachsendes Risiko.
Bakterien aus der Auwaldzecke
Die Auwaldzecke, auch Bunt- oder Wiesenzecke genannt, ist zwar kein Neuzugang in Deutschland, breitet sich aber zunehmend aus, wie eine Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover (externer Link) belegt. Sie ist etwas größer als der Gemeine Holzbock und graumarmoriert. Sie kann Bakterien der Art Rickettsia raoultii übertragen, die das sogenannte TIBOLA-Syndrom auslösen – mit Fieber, geschwollenen Lymphknoten und Hautveränderungen an der Bissstelle. Die Symptome sind nicht lebensbedrohlich, können aber sehr unangenehm sein. Oft wird die Erkrankung jedoch nicht als solche erkannt.
Gefährliche Hundekrankheit Babesiose
Die Auwaldzecke kann auch Babesien übertragen. Dabei handelt es sich um winzige Einzeller, die rote Blutkörperchen befallen – ähnlich wie Malaria-Erreger. Beim Menschen äußert sich eine Babesiose meist durch grippeähnliche Symptome und heilt in der Regel von selbst aus. Für Hunde allerdings ist eine Babesiose sehr gefährlich und löst die sogenannte „Hundemalaria“ aus. Betroffene Tiere müssen oft lebenslang behandelt werden.
Die Braune Hundezecke ist für Hunde gefährlich
Eine weitere Zeckenart, die aus dem Mittelmeerraum und Nordafrika eingewandert ist und sich inzwischen auch in Deutschland wohlfühlt, ist die Braune Hundezecke. Auch sie kann Krankheiten wie Babesiose oder auch Ehrlichiose hervorrufen. Die Infektionskrankheit Ehrlichiose kann sowohl Menschen als auch Hunde befallen.
Neuentdeckung: Das Alongshan-Virus in Bayern und Brandenburg
2017 wurde in China das Alongshan-Virus (ALSV) entdeckt – inzwischen ist es auch in Deutschland nachgewiesen worden, insbesondere in Bayern und Brandenburg. Zeckenexperte Dr. Gerhard Dobler vom Mikrobiologischen Institut der Bundeswehr geht davon aus, dass es sich nicht um einen neu eingeschleppten, sondern um einen lange unentdeckt gebliebenen Erreger handelt. Das Virus löst meist nur milde, grippeähnliche Symptome aus – eine akute Gesundheitsgefahr wird derzeit nicht vermutet.
Klimawandel verändert das Zeckenrisiko
Zecken profitieren von milderen Wintern, feuchten Frühjahren und warmen Sommern. Viele Arten sind dadurch länger aktiv – teils vom Februar bis in den November hinein. Gleichzeitig können sich neue Arten wie Hyalomma auch in Regionen ansiedeln, die früher für sie zu kühl waren. Das verlängert nicht nur die Zeckensaison, sondern erhöht auch das Risiko, dass sich neue Arten und Erreger dauerhaft etablieren.
Schutz und Forschung: Was jetzt wichtig ist
Gegen FSME gibt es eine Impfung – vor allem in Süddeutschland wird sie empfohlen. Gegen viele andere Erreger existiert bislang kein Impfschutz. Umso wichtiger sind vorbeugende Maßnahmen: lange Kleidung, Insektenschutzmittel, gründliches Absuchen des Körpers nach dem Aufenthalt in der Natur. Wird eine Zecke entdeckt, sollte sie möglichst rasch und vollständig entfernt werden – etwa mit einer feinen Pinzette oder einer speziellen Zeckenkarte.
Das Robert Koch-Institut, das Bayerische Landesamt für Gesundheit und weitere Einrichtungen untersuchen regelmäßig Zeckenproben und beobachten die Verbreitung neuer Erreger. Ziel ist es, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und Handlungsempfehlungen für die Bevölkerung zu entwickeln. Klar ist: Die Zahl der in Deutschland nachgewiesenen Zeckenkrankheiten nimmt zu.