Inmitten der Diskussion um die digitale Souveränität Europas investiert der US-Technologieriese Google eine Rekordsumme in Deutschland. Bis 2029 sollen 5,5 Milliarden Euro – ohne öffentliche Subventionen – in den Ausbau der Cloud-Infrastruktur fließen, vor allem in ein neues Rechenzentrum im hessischen Dietzenbach und den Ausbau der Kapazitäten des US-Konzerns in Hanau, wie Google am Dienstag mitteilte. Der Großteil der Investitionen ist für das Rechenzentrum in Dietzenbach südlich von Frankfurt bestimmt. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein sprach von einem klaren Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Deutschland. „Hessen etabliert sich damit immer stärker als zentrales Drehkreuz der weltweiten digitalen Datenströme.“
Google spricht von 9.000 Arbeitsplätzen
Google-Deutschlandchef Philipp Justus stellte das Vorhaben in Berlin im Beisein von Vizekanzler Lars Klingbeil vor und sprach vom größten Google-Investitionspaket für Deutschland. Das erste Modul soll nach Google-Angaben im zweiten Quartal 2027 an den Start gehen. „Wir gehen davon aus, dass unsere Investition insgesamt jedes Jahr etwa 9.000 Arbeitsplätze in Deutschland sichern wird“, sagte Manager Justus. Für Google selbst werden künftig nach Angaben des Konzerns jeweils 100 Mitarbeiter in Hanau und 100 in Dietzenbach tätig sein. „Google setzt auf Deutschland und Google investiert in Deutschland.“
Auch Standort München soll ausgebaut werden
Dazu gehören auch Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energie und Abwärme. Zudem sollen Google-Standorte in München, Frankfurt und Berlin erweitert werden. „So möchten wir digitale Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit stärken und Unternehmen Zugang zu fortschrittlichsten KI-Lösungen ermöglichen“, hieß es.
Zur Nutzung der Abwärme am Standort in Dietzenbach wurde nach Angaben der hessischen Landesregierung bereits eine Partnerschaft mit dem regionalen Energieversorger EVO geschlossen. Damit kann perspektivisch die Abwärme des Rechenzentrums in das Fernwärmenetz für die Versorgung von etwa 2000 Haushalten eingespeist werden.
US-Konzern will „Datenschatz“ umsetzen
Forschungsministerin Dorothee Bär betonte, Künstliche Intelligenz und klimaneutrale Energieerzeugung seien zwei der Schlüsseltechnologien. Sie würden durch das Google-Engagement gestärkt. „Das bringt Wachstum und Wertschöpfung für unser Land“, sagte die CSU-Politikerin. Google-Deutschlandchef Justus erläuterte: „Wir sehen Deutschland als hochattraktiven Standort heute schon für das Thema KI.“ Das beginne in Forschung und Lehre. „Wir haben absolute Spitzenuniversitäten und Forschungsinstitute im Bereich KI – und das schon seit vielen Jahren.“ Zudem verfügten die vielen Unternehmen im Land über einen „Datenschatz“, den Google „in Anwendungen umsetzen“ wolle.
Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus sagte, man könne Datensouveränität und US-Investitionen in Einklang bringen. Es handele sich um ein Serviceangebot und Verträge könnten so geschlossen werden, „dass die Datennutzung ausschließlich hier in Deutschland, Hessen oder Europa stattfindet“.
KI sorgt für Boom bei Rechenzentren
Google ist seit 24 Jahren in Deutschland aktiv und betreibt in Hanau östlich von Frankfurt bereits seit 2023 ein Rechenzentrum. Dieses bietet Unternehmensdienste und Produkte für Cloud-Kunden aller Größen und Branchen. Im September hatte auch der französische Konzern Data4 Investitionen von zwei Milliarden Euro angekündigt und in Hanau den Grundstein für ein Rechenzentrum gelegt. Die Deutsche Telekom und der US-Chiphersteller Nvidia planen ein neues Rechenzentrum in München.
Der wachsende Bedarf an Rechenleistung für Künstliche Intelligenz befeuert gerade einen Bauboom bei Rechenzentren. Die Anschlussleistung der Serverfarmen in Deutschland werde sich bis 2030 voraussichtlich auf fünf Gigawatt nahezu verdoppeln, ergab jüngst eine Studie des Digitalverbands Bitkom. Im internationalen Vergleich falle die Bundesrepublik dennoch zurück. Innerhalb Deutschlands konzentrieren sich die Kapazitäten auf den Großraum Frankfurt. Das dortige Cluster verfügt laut Bitkom mit gut 1,1 Gigawatt über mehr als ein Drittel der gesamtdeutschen Leistung.
Im Video: Stadtforscher zu Tech-Riesen in München

