Früh am Morgen beginnt Christians Arbeitstag. Noch vor sechs Uhr sitzt er meist im Lkw, denn wer am Umschlagbahnhof in München-Riem zuerst ankommt, darf auch als Erster laden. Christian fängt gerne früh an, auch, um abends mehr vom Familienleben zu haben. Gegen 7 Uhr geht es los zum Kunden, in Christians Fall Betriebe aus der bayerischen Chemie-Industrie. Bevor er dort ablädt, muss Christian eine Probe der Ware abgeben. Im Labor wird geprüft, ob die Zusammensetzung und beispielsweise die Temperatur passen.
Zu seiner eigenen Sicherheit hat er in der Vergangenheit auch schon abgelehnt, eine Probe eigenhändig aus dem Container zu entnehmen, etwa bei der stark ätzenden Salzsäure. Erst wenn das Labor die Probe freigibt, darf Christian die Flüssigkeit im Tank abladen. Da Christian keine langen Strecken macht, etwa bis ins Ausland, kann er abends zu seiner vierköpfigen Familie zurückfahren.
Von der Grafik zum Transport
„Ich bin wahrscheinlich nicht der klassische Lkw-Fahrer-Typ“, sagt Christian von sich. Denn eigentlich kommt er aus einer ganz anderen Richtung. Nach seinem Realschulabschluss begann Christian seine Ausbildung zum Schauwerbegestalter. Nach einigen Monaten Zivildienst und Grundwehrdienst entschied er sich jedoch für eine neue Richtung und arbeitete fünf Jahre lang als Fahrer für eine Brauerei.
Später studierte er an einer privaten Berufsschule Grafik und war später 14 Jahre lang selbstständiger Grafiker. Nach der Corona-Pandemie hatte Christian Schwierigkeiten, seinen Beruf fortzusetzen. Er erinnerte sich an seinen Lkw-Führerschein und erwarb zusätzlich eine ADR-Bescheinigung, um wieder als Lkw-Fahrer arbeiten zu können. Die ADR-Bescheinigung erlaubt ihm, auch Gefahrgüter zu transportieren.
Unberechenbare Arbeitszeiten
Pro Arbeitstag arbeitet Christian ungefähr neun Stunden – bis zu 210 Arbeitsstunden pro Monat. Wie lange sein Arbeitstag dauern wird, ist vorher oft schwer zu sagen. Manchmal ist er schon am frühen Nachmittag wieder zu Hause, aber Staus oder andere Transportprobleme können seine Arbeitszeit auch deutlich verlängern.
Der Preis der Fahrt
Viele Berufskraftfahrende sind oft unbequemen Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Ein Arbeitstag als Fahrer mag zunächst verlockend erscheinen, da die Berufsbeschreibung meist unbeschwert klingt. Eine Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt jedoch, dass viele Fahrer, insbesondere im Fernverkehr, von einem verstärkten Gefühl der Einsamkeit und Isolation berichten. Dies ist vor allem auf die langen Arbeitszeiten zurückzuführen. Die Berufsgenossenschaft Verkehr (BG Verkehr) erklärt, dass Lkw-Personal unter mehreren Stressfaktoren leidet, darunter Termindruck, große Verantwortung und die ständige Notwendigkeit, im Verkehr wachsam zu sein. Die mangelnden Erholungsmöglichkeiten verschärfen diese Situation zusätzlich. Das kann auch gesundheitliche Folgen nach sich ziehen.
Christian ist bewusst, dass gerade bei seiner Transportware, dem Gefahrgut, mit Vorsicht gearbeitet werden muss. Trotzdem sieht er seinen Beruf eher als entspannt. Er gleicht das viele Sitzen aber auch aus, indem er in seiner Freizeit Klettern geht oder Beachvolleyball spielt.
Was verdient ein Lkw-Fahrer?
Erst im Oktober hat Christian eine Gehaltserhöhung bekommen und verdient nun ein Grundgehalt in Höhe von 3.200 Euro. Dazu kommen Zulagen wie Urlaubsgeld (30 Euro), eine Vergütung für die Betriebszugehörigkeit (22 Euro) und ein „Sachbezug“ (50 Euro). Sonntags, an Feiertagen und nachts erhält Christian einen Zuschlag und eine Verpflegungspauschale in Höhe von 112 Euro. Bei Arbeitstagen von mehr als zwölf Stunden gibt es zusätzlich 20 Euro.
Christian ist in Steuerklasse 4. Für August 2025 bekam er 3.286 Euro brutto, davon blieben ihm 2.310 Euro netto. Im Durchschnitt verdiente er zwischen Januar und August 2025 2.600 Euro netto. Im Jahr 2024 kam er auf ein Bruttogehalt in Höhe von 35.620 Euro.
Christian ist mit seiner Vergütung zufrieden und sieht den Beruf des Lkw-Fahrers als eine Frage der Perspektive. Zwar bezeichnet er die teilweise langen Arbeitszeiten als Nachteile, aber meistens genießt er das Fahren.

