Kündigungen, Mieterhöhungen, Abriss: Es gibt Dutzende Gründe, warum Künstlerinnen ihr Atelier verlieren, aber es gibt kaum eine Möglichkeit, etwas Neues zu finden: Das Angebot für bezahlbare, zentral gelegene Ateliers tendiert in München gegen null. Eine kleine Umfrage unter Künstlerinnen bestätigt das: „Ich hatte 28 Jahre ein Atelier in der Türkenstraße, das ist jetzt luxussaniert, da sind Büros drin – Mein Problem war immer, dass es zu weit weg ist, ich hab einen kleinen Sohn, ich bin auf die Betreuungszeiten angewiesen und wenn ich eineinhalb Stunden durch die Stadt fahre, bleibt keine Zeit für die Kunst – Die Idee von der GEDOK war für mich die Rettung in letzter Minute, ich hatte meine Sachen schon eingelagert im Keller, ich glaube, ich war die Erste, die zugesagt hat!“
Besonders schwer scheinen es Künstlerinnen zu haben, das Gefühl hat jedenfalls Rosa Maria Krinner: „Männer haben es in der Kunst generell einfacher. ‚Mann‘ strahlt Verlässlichkeit aus und Können und Energie, und bei Frauen, da meint man, das sei eher so nebenbei.“
Bezahlbare Ateliers in München? Ein Wunschtraum …
Doch nun das: Ateliers für 12 Künstlerinnen, beheizbar, mit fließend Wasser und viel Licht, zentral gelegen an der Münchner Arnulfstraße, in einem alten Bürogebäude im sogenannten Pineapple-Park, neben der alten Paketposthalle, mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und vor allem: bezahlbar.
Möglich gemacht hat das die GEDOK München, ein gemeinnütziger Verein für Künstlerinnen aus den Bereichen bildende und angewandte Kunst, Musik und Literatur. „Wir wollten das Projekt unbedingt machen“, sagt Vorstandsvorsitzende Margit Huber, „und so haben wir uns das aufgeteilt, eine Künstlerin hat eruiert, wer wirklich zum ersten August einziehen kann und ich habe mich um den Vertrag gekümmert und mich extra nochmal juristisch beraten lassen, weil ich als gemeinnütziger Verein natürlich kein finanzielles Risiko eingehen darf.“
Die GEDOK München hat die Fläche in dem alten Bürogebäude im Gesamten angemietet und gibt die Räume nun an ihre Mitglieder weiter – einzeln wären die Räume nicht zu haben gewesen. Das alles übrigens unter enormem Einsatz von Margit Huber. Seit gerade einmal einem Jahr ist sie Vorstandsvorsitzende der GEDOK München – ein Fulltime-Job, und zwar ehrenamtlich.
Frauen haben es auf dem Kunstmarkt schwerer
Einziger Wermutstropfen: Das Ganze ist nur zur Zwischennutzung gedacht, das Gebäude wird irgendwann abgerissen. Aber die Erfahrung lehrt, dass sowas gern mal ein paar Jahre länger dauert. Das Gute daran: Hier muss niemand aufpassen, irgendetwas schmutzig zu machen. Und: die Künstlerinnen konnten sich die Räume aussuchen, die für ihre Kunst am besten passen. Angelika Hofmann beispielsweise hat das kleinste Atelier gewählt, das genügt ihr völlig, sie macht kleine Objekte und Wandarbeiten aus Papier und Flugzeugsperrholz. Carmen Kordas ist Videokünstlerin und Malerin. Sie teilt sich ein Atelier mit einer Kollegin, aber auch das ist viel besser als der Zustand daheim, erzählt sie: „Ich habe zu Hause ein Atelier unterm Dachboden, aber dort habe ich keine geraden Wände und wann immer ich was filmen will oder mal eine größere Arbeit machen will, muss ich die ganze Wohnung umräumen. Außerdem wollte ich nicht immer alleine arbeiten.“
Die Idee der Gemeinschaft
Der Gedanke der Gemeinschaft ist für die GEDOK elementar. 1926 wurde die Künstlerinnenvereinigung von der Hamburger Mäzenin Ida Dehmel gegründet. Ihr Ziel: die Position von Frauen im Kulturbetrieb stärken. Vor hundert Jahren hatten es Künstlerinnen noch schwerer, aber auch heute kann ein bisschen institutionelle Hilfe nicht schaden. Einige der Mieterinnen hatten bisher überhaupt kein eigenes Atelier. N.A. Vague etwa hat daheim gearbeitet und aus Platzmangel nur kleinformatige Arbeiten gemacht, mit Fotografie und Künstlicher Intelligenz am Computer. Schon nach wenigen Wochen im Pineapple-Park hat sie angefangen, mit Acryl zu malen: „Ich mache gerade eine Serie zum Thema Manifestieren, da schreibe ich mit Acryl auf Alu-Dibond-Platten, zum Beispiel „Gold“, „Success“ oder „Fame“ und das ist tatsächlich das größte, was ich bisher gemacht habe.“
Für die GEDOK München ist das Projekt eine durchwegs positive Erfahrung. Margit Huber traut sich und dem Verein durchaus zu, noch mehr Ateliers für ihre Künstlerinnen zu organisieren.
Rosa Maria Krinner tüftelt derweil weiter an ihren selbstgebauten Apparaten. Gerade repariert sie ihre „Wünsch-dir-was-Maschine“, die hat das Atelier-Wünschen irgendwie überfordert. Egal, Hauptsache, sie hat funktioniert!

