Wer nachts auf Autobahnen unterwegs ist, weiß, wie kompliziert oder sogar gefährlich es sein kann, auf Rastanlagen oder Parkplätze abzufahren: Lastwagen stehen auf nicht zugelassenen Flächen, in Halteverboten oder in Fahrgassen zwischen den Stellplätzen.
„Wildes“ Parken nachts an der Tagesordnung
Der ADAC hat sich die Situation an 100 Rastanlagen angeschaut. Für ihre Untersuchung fuhren die Tester die Anlagen drei mal an: um 22, um 23 und um 0 Uhr. Ab 22 Uhr seien die meisten schon komplett ausgelastet. Danach nehme der Parkdruck weiter zu, so die Tester.
An 48 der 100 Anlagen seien Lastwagen in hochriskanten Bereichen wie Ein- und Ausfahrten sowie auf Seitenstreifen der Autobahn abgestellt worden. Den Negativrekord gab es in Hessen an der A7. Bei der Raststätte Kassel Ost Lohfelden wurden 138 Parkverstöße gezählt. In Bayern fielen die Raststätte Fürholzen West an der A9 und Riedener Wald West an der A7 besonders negativ auf, mit 71 Verstößen. Auf der anderen Seite wurde an der Raststätte Hochfelln Süd an der A8 nur ein Verstoß festgestellt.
Tausende Stellplätze fehlen
Vor drei Jahren untersuchte der Automobilclub schon einmal die Parksituation an den Autobahnen und kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Denn es liegt weniger am fehlenden Bewusstsein der Fahrer als vielmehr an fehlenden Möglichkeiten. Laut Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen (bast) (externer Link) aus dem Jahr 2023 fehlen rund 20.000 Stellplätze im Umfeld von Autobahnen. Dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) zufolge fehlen bundesweit sogar 40.000 Stellplätze.
Das Defizit werde größer. Das sei nicht nur ein Ärgernis, sondern ein Risiko für Versorgung und Verkehrssicherheit, sagte der Vorstandssprecher des BGL, Prof. Dirk Engelhardt BR24. Wenn Ruhezeiten nicht eingehalten werden könnten oder Touren sich verschöben, gerieten Lieferketten ins Stocken – mit ersten Engpässen etwa im Handel, das heißt bei Gütern des täglichen Bedarfs, so seine Begründung. Zwar werden immer wieder neue Plätze gebaut, doch auch der Lkw-Verkehr nimmt stetig zu und damit auch die Zahl der nachts abgestellten Fahrzeuge. Der bast zufolge hat sich die Anzahl der nachts im Mittel abgestellten Lkw demnach erhöht: von 68.139 in 2008 auf 102.116 in 2023.
Neue Parkplätze bauen, vorhandene Parkplätze nutzen
Der BGL fordert mehr Tempo beim Ausbau. Die Stellplatznot sei ein Symptom einer strukturell vernachlässigten Infrastruktur. Deutschland brauche ein verlässliches und beschleunigtes Ausbauprogramm, das Straßen, Brücken und Stellplätze gemeinsam denke, fordert Engelhardt. Der ADAC spricht sich daneben für mehr Polizeikontrollen aus, sowie für Lösungen zur besseren Auslastung vorhandener Plätze, zum Beispiel bei Unternehmen wie Speditionen und anderen Grundstückseigentümern in Autobahnnähe. Auch Parkleit- und Informationssysteme sollten ausgebaut werden, damit Lkw-Fahrer frühzeitig freie Parkplätze anfahren und bestenfalls buchen können.
Inntal West: Digitales Kolonnenparken
Als positives Beispiel gilt Kolonnenparken auf der Rastanlage Inntal West an der A93. Dort ist seit 2018 ein neues Parksystem im Einsatz. Dabei können drei Lkw in einer Parkreihe dicht hintereinander abgestellt werden, und zwar so, dass die Fahrzeuge nach ihrer Abfahrtszeit sortiert sind. Wer als erster losfahren muss, steht also vorne. Die Abfahrtszeiten werden von einem Steueralgorithmus ermittelt. Mit Hilfe von Laserscannern wird die Länge des einfahrenden Fahrzeuges gemessen und dem Lkw-Fahrer wird passend zur gemessenen Fahrzeuglänge ein optimaler Parkplatz in der Parkreihe zugewiesen. Die Laserscanner messen zudem permanent die Restlänge in jeder Parkreihe und ermitteln auf diese Weise die Anzahl der noch freien Parkplätze.
Beim ADAC geht man davon aus, dass die Probleme eher mittel- bis langfristig zu lösen sind als kurzfristig.

