Auch wenn US-Präsident Donald Trump von einer sofortigen Zollerhöhung auf Importe aus Deutschland und der EU erst einmal abgesehen hat, kündigte er doch an, die Handelsbeziehungen auf den Prüfstand zu stellen. Daher blieben Zölle auf der Tagesordnung, zumindest als Verhandlungsmasse, sagte Achim Wambach der Präsident des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung.
„Die Zitterpartie geht weiter“, meint auch der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. Auch wenn Deutschland bei den Zöllen jetzt noch mit einem blauen Auge davongekommen sei, erwarte er langwierige Handelsgespräche. Möglicherweise könne die EU Strafzölle abwenden, wenn sie im Gegenzug mehr Erdöl und Erdgas aus den USA kaufen würde, um die Handelsbilanz auszugleichen. Auch die Überlegungen, mehr Rüstungsgüter aus den USA zu kaufen, gehen in diese Richtung.
DIW sieht Rezessionsgefahr für Deutschland
Wegen der protektionistischen US-Handelspolitik drohe der deutschen Wirtschaft erneut ein Jahr mit sinkendem Wachstum, meint der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Auch er warnt vor einem drohendem Handelskonflikt mit den USA, der die Deindustrialisierung und den Verlust guter Arbeitsplätze in der Industrie in Deutschland beschleunigen könnte. „Eine erneute Rezession der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr wird dadurch immer wahrscheinlicher“, so Fratzscher. Das Bruttoinlandsprodukt war im vergangenen Jahr um 0,2 Prozent geschrumpft und 2023 um 0,3 Prozent.
Gemischte Gefühle auf Trumps Klimapolitik
Trumps Dekrete zur Energie- und Klimapolitik dürften einerseits zu einer Steigerung der Energieproduktion in den USA führen und so zu günstigeren Energiepreisen, schätzt Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Das dürfte es für einige deutsche Unternehmen attraktiver machen, in den USA zu produzieren. Andererseits erhielten Investitionen in klimafreundliche Technologien in den USA einen Dämpfer, weil Trump als eine seiner ersten Amtshandlungen aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen ist.
Inflation und Zinsen in den USA dürften wieder steigen
Die harte Haltung Trumps zur Migration und Migrationskontrolle, sein Ausrufen des Notstands an der Grenze zu Mexiko, könnte den Ökonomen zufolge auch nach hinten losgehen. Denn weniger Migranten bedeutet auch weniger Arbeitskräfte für die US-Wirtschaft – das könnte den US-Arbeitsmarkt unter Druck setzen. Zusammen mit Trumps protektionistischer Wirtschaftspolitik und den angedrohten Zöllen werde das die Inflation anheizen in den USA. Als Folge seien Zinserhöhungen in den USA wahrscheinlich und die würden die US-Wirtschaft schwächen. Ob das goldene Zeitalter für die USA mit Trump tatsächlich begonnen habe, bleibe abzuwarten, so Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Bank Hauck Aufhäuser Lampe.
BDI blickt nach vorn
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert von der EU neue Vorschläge zur Kooperation mit den USA unter Trump. „Die EU sollte den USA Angebote zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit machen“, sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Es gebe viele Möglichkeiten, zum beiderseitigen Nutzen. Als Beispiele nannte er Regulierungsfragen, technische Standards und robustere Lieferketten.
💡 Was sind Zölle und warum werden sie erhoben?
Unter Zöllen versteht man Abgaben an den Staat, die beim Übergang von Waren über die Zollgrenze eines Landes oder eines Zollgebietes zu entrichten sind. In den vergangenen Wirtschaftsepochen dienten Zölle im Sinne von Finanzzöllen vor allem als Instrument eines Staates, um Geld einzunehmen. Zölle können aber auch eingesetzt werden, um inländische Anbieter von Waren vor der Auslandskonkurrenz zu schützen. Diese Zölle werden Schutzzölle genannt. Wenn die heimischen Hersteller vor Dumping oder staatlicher Subventionierung von Waren aus Drittländern geschützt werden, spricht man von auch von Straf- oder Anti-Dumping-Zöllen. In jedem Fall stellen Zölle tarifäre Hemmnisse für den freien Welthandel dar.