Wie umgehen mit der „Kulturdroge“ Alkohol?
Wenn die Neugierde des Jugendlichen da sei, „kann man als Elternteil mit der notwendigen Fürsorgepflicht auf jeden Fall positive Einflüsse nehmen“, sagt Roland Magerl, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im bayerischen Landtag. Er habe seine drei Kinder auch „begleiten dürfen“ und ist dafür, die Ausnahme beizubehalten: „Der Reiz des Jugendlichen ist immer, das Verbotene zu tun“, so Magerl.
„Alkohol ist bei uns eine Kulturdroge“, gibt SPD-Gesundheitspolitikerin Ruth Waldmann zu bedenken. Man komme damit praktisch bei jedem öffentlichen Anlass in Kontakt. Es spiele auch bei fast allen privaten Zusammenkünften eine Rolle. Deshalb müsse „der verantwortungsvolle Umgang damit auch als Kulturtechnik erlernt werden“, so Waldmann. Bevor man ein Verbot „mit einem Federstrich“ ausspreche, solle man lieber überlegen, was man verbessern könne.
CSU hat ihren Standpunkt verändert
Andere lehnen das „begleitete Trinken“ kategorisch ab: „Zu glauben, dass ein verantwortungsvoller Alkoholkonsum kommt, wenn ich neben meinem Vater in der Gaststätte mit 14 ein Bier zischen darf, ist vollkommen absurd“, sagt Kerstin Celina, Sprecherin der Grünen für Soziales.
Die CSU war in der Vergangenheit für die Ausnahmeregelung für 14- und 15-Jährige. Inzwischen hat sich ihr Standpunkt geändert. „Der Frühkontakt mit Alkohol ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll“, sagt CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. „Wir nehmen immer wissenschaftliche Erkenntnisse auch als Grundlage für politische Entscheidungen. Deswegen glauben wir, dass das einfach nicht mehr zeitgemäß ist.“
Gehirnentwicklung länger gefährdet als gedacht
Früher galt Alkohol in kleinen Mengen teils als unbedenklich, das berühmte Gläschen Rotwein sogar als gesund. Professor Reiner Hanewinkel ist Psychologe und leitet das Institut für Therapie und Gesundheitsforschung in Kiel. Er sagt: „Es gibt keinen Grenzwert, den man seriös empfehlen kann.“ Heißt: Jeder Tropfen ist Gift und kann beispielsweise Krebserkrankungen fördern.
Für junge Menschen sei die Gefahr besonders groß. Die Entwicklung des Gehirns dauert laut Hanewinkel deutlich länger als noch vor einigen Jahren angenommen, bis ins Alter von Mitte 20. „Alkohol ist nun eben einfach eine toxische Substanz, die dazu führt, dass das Gehirn beeinträchtigt wird.“
Suchtgefahr: Über 40.000 Tote durch Alkoholkonsum pro Jahr
Darüber hinaus besteht Suchtgefahr: Laut Bundesdrogenbeauftragtem litten 2022 circa 1,6 Millionen Menschen in Deutschland unter einer Alkoholabhängigkeit. Das Deutsche Krebsforschungszentrum schätzte im selben Jahr, dass hierzulande jährlich über 40.000 Menschen vorzeitig an den Folgen ihres Alkoholkonsums sterben. „Je früher man beginnt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, später tatsächlich in die Abhängigkeit zu rutschen“, sagt Hanewinkel.
Zwar sank die Zahl der Alkoholvergiftungen von Jugendlichen zuletzt. Dennoch: Deutschland ist das einzige EU-Land, in dem man aktuell schon mit 14 Jahren legal Alkohol bekommt, in den meisten anderen Ländern geht das erst ab 18, in Litauen sogar erst ab 20.
Nach dem Willen der Landesgesundheitsminister soll es nun auch in Deutschland etwas restriktiver werden. Mit dem GMK-Beschluss fordern sie das Gesundheits- und das Jugendministerium auf Bundesebene auf, eine Änderung des Jugendschutzgesetzes vorzubereiten und das „begleitete Trinken ab 14“ abzuschaffen.