Die jüngste Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Rüstungsexporte nach Israel wegen dessen Vorgehens im Gaza-Streifen vorerst zu stoppen, gilt in der Verteidigungsindustrie als Musterbeispiel für eine sprunghafte deutsche Politik.
In Bayern ist vor allem der Augsburger Zulieferer Renk betroffen. Er produziert Getriebe, die sowohl in Kampfpanzern als auch in schweren Transportpanzern der israelischen Armee stecken. Renk überlegt nun, als „Plan B“, die entsprechenden Bauteile in den USA herzustellen. Der Konzern begründet das mit Vertragstreue und einer Verantwortung gegenüber Israel. Schließlich seien die Panzer nicht nur im Gaza-Streifen im Einsatz, sondern sie schützten auch die Grenzen des Staates mit Syrien, Ägypten und dem Libanon. Renk-Chef Alexander Sagel wünscht sich für die Zukunft klare Vorgaben aus der Politik: „Wir müssen wissen, wo und aus welchem Grund und aus welcher Motivation wir wohin exportieren wollen oder auch nicht exportieren wollen.“
Regierung soll politische Ziele formulieren
Schon seit langem fordert die deutsche Verteidigungsindustrie von Berlin klare und vor allem langfristige Exportrichtlinien für Rüstungsgüter. Dies sei vor allem bei internationalen Gemeinschaftsprojekten wie dem Eurofighter, aber auch bei Waffensystemen wie Panzern und den jeweiligen Komponenten wichtig. Bisher entscheidet die Bundesregierung von Fall zu Fall, selbst bei Lieferungen an Nato-Partner wie die Türkei.
Zuletzt war auch die Stiftung Wissenschaft und Politik in einer Studie zu dem Schluss gekommen, Berlin müsse hier klarer agieren, sowie eindeutig und vor allem langfristig Position beziehen: „Die Bundesregierung sollte in Zukunft die Ziele ihrer Rüstungsexportpolitik klarer als bisher formulieren, die Auswahl möglicher Partner für Rüstungsexporte systematisieren und sich ein Instrumentarium zulegen, mit dem sich die Wirkung ihrer Politik überprüfen lässt.“
Wechselhafte Politik als Standortnachteil
Eine solche rote Linie – die klar festlegt, was die Bundesregierung will und was nicht – fordern im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk auch andere Top-Manager der Branche. Allerdings wollen sich nur wenige zitieren lassen, schließlich ist die Bundeswehr – und damit auch die Regierung – ihr wichtigster Kunde.
Kein Blatt vor den Mund nimmt dagegen Florian Seibel, der Chef des Drohnen-Herstellers Quantum Systems. Er glaubt, dass das bisherige Hin und Her der Politik die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Verteidigungsindustrie gefährdet. Er fürchtet, dass bisherige Partner künftig einen Bogen um deutsche Unternehmen machen. Da sich ein Exportverfahren nach Indien oder in die Türkei – wie bei Eurofightern – über Jahre hinzieht, sei es nicht verwunderlich, dass unter Partnernationen innerhalb des Airbus-Konsortiums bereits der Ausdruck „No German Parts“ kursiert. Das heißt in Großbritannien, Frankreich oder Italien nichts anderes, als dass man besser nichts verbaut, was aus Deutschland kommt. Und das sei mittelfristig eine Gefahr für den hiesigen Standort, so Seibel.