Vermutlich war es sehr heiß vor 230 Millionen Jahren. So heiß, dass die Krokodile und Lurche in einem Wassertümpel Schutz gesucht haben. Bis der austrocknete und die Tiere starben. Forscher des Landesamts für Umwelt (LfU) sehen das als mögliche Begründung dafür, dass in einem unterfränkischen Steinbruch enorm viele Skelette auf engstem Raum liegen. Wie viele es genau sind, konnte das LfU bislang aber nicht herausfinden. Deshalb untersucht das Amt den Steinblock jetzt per Röntgen – im Fraunhofer-Institut in Fürth.
Computertomograf zeigt: Viel Knochen auf wenig Raum
Der 400 Kilogramm schwere Steinblock liegt auf einer riesigen Drehscheibe in den Hallen des Entwicklungszentrums Röntgentechnik des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS). Mathias Kranner, Paläontologe am Landesamt für Umwelt, beobachtet fasziniert, wie der Computertomograf auf und abfährt.
Die versteinerten Knochen hat ein Mitarbeiter in einem Steinbruch in der unterfränkischen Gemeinde Rauhenebrach vor vier Jahren entdeckt. Schnell war klar: In relativ wenig Stein steckt relativ viel Urzeitgetier. Mindestens zehn verschiedene Amphibien. Wie viele es ganz genau sind, konnte bislang aber nicht geklärt werden. Zu groß war die Gefahr, die Knochen zu beschädigen. „Normalerweise präpariert man solche Knochen in monatelanger Arbeit kompliziert heraus“, sagt Kranner. Die neuen 3D-Daten ermöglichen neue Einblicke in das Knochen-Chaos, ohne die empfindlichen Fossilien zu beschädigen.
Riesenlurch und Urzeit-Krokodil warten im Steinblock
Unter den Knochen ist ein 71 Zentimeter langer Unterkiefer mit noch erhaltenen Zähnen. Sie stammen möglicherweise von einem Riesenlurch namens Cyclotosaurus. Diese Tiere wurden laut LfU bis zu vier Meter lang. Die Funde aus dem Steinblock könnten das Wissen über sie „erheblich erweitern“, heißt es auf der Website.
Dicht daneben liegen Schädelteile eines Metoposaurus, eines Urzeitkrokodils. Von dem ist bislang nur eine andere Versteinerung bekannt. Durch die Röntgenaufnahmen hoffen die Forscher nun, mehr Informationen zu dem Tier zu erhalten. Roland Eichhorn, Leiter des geologischen Dienstes am Landesamt für Umwelt, spricht von einer „ganz neuen Art des wissenschaftlichen Arbeitens“. Denn den 3D-Scan kann das Team an Forscher in der ganzen Welt verschicken.
XXL-Röntgengerät im Einsatz
Den Hochenergie-Computertomografen hat das Fraunhofer IIS in Fürth in erster Linie gebaut, um Produkte im Entwicklungsprozess oder zur Qualitätsprüfung zu durchleuchten. Also zum Beispiel Autos oder Flugzeugteile.
Das Besondere an dem Gerät ist dabei nicht nur die Größe, sondern in erster Linie die Strahlungsleistung: Bis zu neun Megaelektronenvolt bringt das Gerät auf. Damit ist das Riesen-Röntgengerät ungefähr 20 Mal energiereicher als konventionelle industrielle Röntgensysteme.
Bei Steinbrocken funktioniert der XXL-Computertomograf aber auch. Michael Böhnel, der die wissenschaftlichen Dienstleistungen koordiniert, findet: „Das ist super spannend! Diese Fossilien sind ja mehrere hundert Millionen Jahre alt und wir sind jetzt die ersten, die reingucken.“