In den vergangenen Jahren hat die Zahl von Störungen des satellitengestützten Navigationssystems GPS sprunghaft zugenommen (externer Link). Allein über der Ostsee und den baltischen Staaten zählt ein schwedischer Fachblog teilweise mehrere hundert Vorfälle am Tag. Dazu kommen zahlreiche Störungen in den Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres, wie zuletzt der Vorfall in Bulgarien, bei dem die Systeme des Flugzeuges mit Ursula von der Leyen an Bord gestört wurden.
Eine Sprecherin der EU-Kommission machte Russland dafür verantwortlich. Auch andere Experten verweisen immer wieder auf russische Quellen für Datenstörungen. So wird in Nato-Kreisen regelmäßig eine russische Militäreinrichtung in der Exklave Kaliningrad als Urheberin für Vorfälle rund um die Ostsee genannt, was von russischer Seite ebenso regelmäßig als Propaganda zurückgewiesen wird.
Deutschland bisher vor allem indirekt betroffen
In Deutschland sind bisher kaum Vorfälle bekannt geworden, in denen Hacker großflächig GPS-Daten im hiesigen Luftraum manipulierten. Das geht auch aus den Daten hervor, die das Fachportal gpsjam.org (externer Link) tagesaktuell veröffentlicht. Dort werden gemeldete Störaktionen als orangefarbene (gelegentlich) oder rote (häufig) Waben in eine Weltkarte eingetragen. Während Deutschland dort grün (keine oder kaum Vorfälle) eingezeichnet ist, ballen sich vor allem über Ostsee, Schwarzem Meer und in den Krisenregionen im Nahen und Mittleren Osten orange und grüne Warnmarkierungen. Allerdings ist Deutschland dadurch zumindest indirekt betroffen, da deutsche Fluggesellschaften wie die Lufthansa auch Routen über diese Regionen bedienen.
Wie funktioniert „Jamming“?
Bei Angriffen auf Navigationssysteme ist das sogenannte Jamming die im Vergleich harmlosere Variante. Der Begriff bezeichnet eine Methode, mit Störgeräten dafür zu sorgen, dass Positions- und Navigationsdaten nicht beim Empfänger ankommen. Diese Methode wird unter anderem von Militärs genutzt, aber auch von zivilen Sicherheitsbehörden in zumeist eng begrenzten Gebieten. So kann man zum Beispiel rund um das Kanzleramt in Berlin dafür sorgen, dass keine Drohnen als Terrorwaffe bei einem Staatsbesuch genutzt werden. Nutzen Militärs solche Jamming-Systeme allerdings großflächig über ganzen Lufträumen, dann sind die Folgen schwerwiegender, wie etwa in der Luftfahrt. Die betroffenen Piloten fliegen allerdings nicht unbedingt blind, denn sie können in der Regel auf andere Systeme zurückgreifen.
Was ist „Spoofing“?
Als deutlich gefährlicher gilt das sogenannte Spoofing. Dabei werden gezielt falsche Daten ins Cockpit eines Flugzeuges gesendet. Für die Piloten ist es dabei oft nicht einfach zu erkennen, dass sie gar nicht an dem Ort sind, den ihr System anzeigt. Erkennen die Crews dieses Spoofing nicht, dann sind die Risiken nach Einschätzungen von Pilotenverbänden immens. So steige die Gefahr von Zusammenstößen, außerdem kann es gerade beim Start- und Landeanflug oder in gebirgigen Regionen verheerend sein, mit falschen Höhenangaben zu arbeiten.
Luftfahrtbranche setzt auf Mehrfach-Lösungen
Inzwischen gibt es für die Luftfahrt technische Möglichkeiten, Besatzungen und die Passagiere an Bord zumindest teilweise gegen solche Attacken zu schützen. So hat der Bremer Luft- und Raumfahrtkonzern OBH unter dem Namen GIDAS ein System entwickelt, das erkennt, ob GPS-Signale gestört oder verfälscht werden. Nach Firmenangaben wird es bereits an zahlreichen Flughäfen eingesetzt, um die Korridore für Starts und Landeanflüge zu überwachen. Auch der Lufthansa-Konzern hat zuletzt eine eigene Lösung präsentiert. Die Tochter Lufthansa Systems integriert seit diesem Frühjahr einen KI-gestützten Detektor für Jamming und Spoofing in die Navigationssysteme von Flugzeugen. Die Technologie wurde vom Startup SkAI Data Services in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Zürich entwickelt.