Raketen, Satelliten und Missionen zum Mond. Wenn es nach den Staatsregierungen von Bayern, Baden-Württemberg und Bremen, geht, dann soll künftig wesentlich mehr Geld als bisher in die Raumfahrt fließen. Die drei Bundesländer mit starker Raumfahrt-Industrie haben ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet. Europa muss ihrer Meinung nach gerade bei Schlüsseltechnologien und bei seiner eigenen Sicherheit unabhängiger werden.
Ein Beispiel ist die sichere Satelliten-Kommunikation. Es könne nicht sein, dass man wie beim Zugang zum System Starlink des Milliardärs Elon Musk den Launen der US-Politik ausgeliefert sei, heißt es auch bei Bavairia (externer Link), der Vereinigung der bayerischen Luft- und Raumfahrtindustrie. Deswegen müsse man investieren.
Verdoppelung der Budgets gefordert
Bisher steuert Deutschland pro Jahr rund 1 Milliarde Euro zum Haushalt der europäischen Space-Agentur ESA bei, dazu kommen noch einmal 500 Millionen für nationale Programme. Viel zu wenig angesichts der veränderten Weltlage, man brauche das Doppelte an Budget, tönt es unisono aus der Raumfahrtbranche. Davon würde vor allem Bayern profitieren, ist man in der Staatsregierung überzeugt.
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums fließen etwa 40 Prozent aller deutschen Raumfahrausgaben an Forschungseinrichtungen und Unternehmen im Freistaat. Dort seien in den vergangenen Jahren zahlreiche Start-ups mit tausenden Arbeitsplätzen entstanden, die hier gemeinsam mit etablierten Anbietern wie Airbus an Lösungen Made in Europe arbeiten sollten. Das gelte es weiter auszubauen. Sich selber sieht die Branche schon längst nicht mehr als luxuriöse Spinnerei, sondern als Teil der kritischen Infrastruktur und als bedeutenden Wirtschaftsfaktor.
Weißblauer Zugang zum All
Auf Milliardenumsätze hoffen zum Beispiel die Entwickler von Trägerraketen. Mit Isar Aerospace aus Ottobrunn und der Rocket Factory Augsburg (RFA) sind in Bayern binnen weniger Jahre gleich zwei Start-ups entstanden, die sogenannte Microlauncher entwickeln. Das sind Raketen, die künftig Satelliten in niedrige Umlaufbahnen bringen sollen. Die Raketen sind ungefähr so groß wie ein Dorf-Kirchturm und damit deutlich kleiner als zum Beispiel eine Ariane-Rakete. Da sie mit modernsten Technologien wie 3D-Druck in Serie hergestellt werden, kostet ein Satelliten-Transport mit solchen Microlaunchern aus Bayern nur einen Bruchteil herkömmlicher Raketenstarts.
Bei der ESA setzt man sehr stark auf solche Programme: „Das sichert uns Europäern auch in Zukunft einen eigenen, unabhängigen Zugang ins All“, sagte ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher dem BR. Er lobte ausdrücklich das „einmalige“ Raumfahrt-Netzwerk in Bayern, wo es eine enge Verzahnung von Forschung, Lehre, Großunternehmen und kleinen, agilen Start-ups gebe.
Eigene Satelliten-Konstellationen statt Starlink
Die Raketen aus Bayern sollen in einigen Jahren auch hunderte von Satelliten ins All bringen, die ebenfalls – zumindest zum Teil – aus dem Freistaat stammen. So hat die Bundesregierung erkannt, dass zur Verteidigungsfähigkeit nicht nur U-Boote, Panzer und Kampfjets gehören, sondern auch eine sichere Kommunikation und eigene „Augen“ im All. Verteidigungsminister Boris Pistorius nannte zuletzt Investitionen von 25 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030. In der Branche werden dabei immer wieder Projekte wie ein Satellitennetzwerk für sichere Kommunikation genannt.
Eine sogenannte Konstellation mit hunderten Satelliten sei ein entscheidender Baustein für mehr Eigenständigkeit und nationale Sicherheit, sagt Lena Stern. Sie leitet beim Raumfahrtkonzern OHB den Standort Oberpfaffenhofen: „Es ist einfach wichtig, dass unser Militär, unsere politischen Entscheider und auch unsere Manager abhörsicher kommunizieren können und dass diese Kommunikation auch nicht störanfällig ist.“ Für solche Projekte wollen sich nun auch die Satellitensparten von Airbus mit einem großen Standort im bayerischen Taufkirchen-Ottobrunn, der französischen Thales und der italienischen Leonardo zusammenschließen. Das Ziel: Ein eigenständiges europäisches System, das im Wettbewerb zum Beispiel zum US-amerikanischen Starlink bestehen kann.

