„Vision Zero“ ist das große Ziel, unter anderem des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (externer Link). Er bezeichnet das Ziel einer Welt ohne Unfälle mit Toten oder Schwerverletzten sogar seit Jahren als Grundlage seiner Arbeit. Das autonome Fahren soll mit dazu beitragen. Denn viele Unfälle geschehen durch menschliches Versagen.
Weniger Unfälle durch neue Technik
Die Zahl der Verkehrstoten ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Letztes Jahr wurden zwar immer noch 2.770 Todesfälle gezählt, doch in den siebziger Jahren waren es mehr als 20.000 – und das bei weniger Verkehr. Auch die Zahl der Schwerverletzten geht seit Jahren zurück. Laut dem Statistischen Bundesamt liegt das an gesetzlichen Regelungen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen, an straßenbaulichen Maßnahmen und eben an der Fahrzeugtechnik.
In die gleiche Richtung weist eine Studie der Allianz, die jetzt am 13. Allianz Motor Day in Ismaning im Allianz Zentrum für Technik AZT vorgestellt worden ist. Demnach ging die Zahl der Auffahrunfälle im fließenden Verkehr um durchschnittlich 30 Prozent zurück, bei Autos, die im Frontbereich einen Notbremsassistenten hatten. Allerdings funktionieren die Systeme unterschiedlich gut, wie die Studie auch gezeigt hat. So gab es einen Rückgang der Auffahrschäden zwischen drei Prozent bis maximal 46 Prozent, je nach Hersteller, Zeitpunkt der Serienausstattung oder Funktionsumfang der Systeme.
Allianz fordert politische Unterstützung
Ein Treiber dieser Entwicklung sei die geltende Ausstattungspflicht mit diesem System für Pkw, heißt es bei dem Versicherer. Allerdings gibt es so eine Pflicht noch nicht bei Systemen im Heckbereich. Dabei könnten laut dem Versicherer bis zu 66 Prozent aller Kollisionen beim Rückwärtsfahren damit vermieden werden. Deshalb wird auch hier eine entsprechende gesetzliche Regelung verlangt.
Es brauche bei der Zulassung auch EU-weite einheitliche Teststandards für die neuen Systeme, so eine weitere Forderung. Die Allianz setzt sich zudem für eine gemeinsame europäische Datenbank ein, in der alle Unfälle und Beinahe-Unfälle im autonomen Modus dokumentiert werden, zur Klärung des Geschehens und um aus diesen Situationen heraus zu lernen. Der Versicherer schlägt vor, dass diese europäische Datenbank von Regulierungsbehörden, Herstellern und Versicherungen gemeinsam betrieben wird.
Mehr Teilhabe benachteiligter Gruppen
Am 13. Motor Day der Allianz nahm auch Verena Bentele teil. Die frühere Biathletin und Skilangläuferin ist Präsidentin des Sozialverbands VdK und von Geburt an blind. Gerade Menschen mit Behinderung und Ältere dürften darauf hoffen, dass sich autonomes Fahren noch stärker durchsetzt, sagte Bentele. Sie würde sich darüber freuen, wenn sie wirklich allein von A nach B fahren könnte. Wünschenswert wäre, dass es jetzt erst einmal im öffentlichen Personennahverkehr losgeht, mit Shuttles und Robotaxis. Denn wenn mehr Menschen die Möglichkeit hätten, die Technik einmal zu erleben, würde wahrscheinlich auch die Akzeptanz steigen, so Bentele weiter. Denn die Vorbehalte sind groß, wie eine Umfrage der Allianz gezeigt hat.
Große Zweifel an der Technik
Allerdings sind offensichtlich wenige Menschen bereit, das Lenkrad aus der Hand zu geben. Zu groß ist die Angst, dass gerade in kritischen Situationen das System versagt. Mehr als 80 Prozent der Befragten wollten die Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Die Vorbehalte mögen davon kommen, dass viele keine Erfahrung mit der neuen Technik haben. Vertrauen hänge von Beweisen ab, heißt es bei der Allianz. Doch bisher gebe es vor allem Medienberichte über tragische Unfälle. Das schürt zu Recht Sorgen. Um mehr Vertrauen in die Technik zu bekommen, muss sie einwandfrei funktionieren, zum Beispiel auch bei widrigen Wetterverhältnissen.
Viel billiger wird es voraussichtlich nicht
Bislang ist die Technik teuer. Es braucht die entsprechende Software und Sensoren (Radar, Lidar und Kameras). Bei der Allianz geht man deshalb auch nicht davon aus, dass die Versicherungsbeiträge bei weniger Unfällen mit den aufgerüsteten Autos künftig groß sinken werden. Das Problem: der Wert jedes einzelnen Schadenfalls werde steigen. Die geringere Schadenhäufigkeit werde damit durch höhere Reparaturkosten ausgeglichen. Schon heute begründen die Versicherer Prämiensteigerungen mit deutlich gestiegenen Werkstattkosten und teuren Ersatzteilen.

