Grabsteine, Küchenplatten, Kunstwerke: Das sind Produkte der Firma Steininger in München. Seit über 100 Jahren gibt es den Steinmetzbetrieb am Westfriedhof. Hunderte von Auszubildenden hat er bereits gesehen. Juniorchef Maximilian Steininger freut es, dass immer noch junge Menschen Interesse an seinem Beruf haben. In diesem Jahr begannen drei Azubis mit der Lehre. Und, was längst nicht selbstverständlich ist: Alle drei sind jetzt, nach acht Wochen, noch an Bord.
Die Unternehmen brauchen die Auszubildenden, doch Steiningers Kollegen im Handwerk, Dienstleistung und Handel müssen immer öfter ohne sie auskommen. Das liegt nicht nur an der demografischen Entwicklung.
Unternehmen klagen über mangelnde Kompetenzen
Klar, es gibt weniger Bewerber als zu Zeiten der geburtenstarken Jahrgänge. Aber das ist nur die eine Seite. Auf der anderen Seite klagen immer mehr Betriebe über eklatante Defizite bei den Bewerbern. Hubert Schöffmann vom Bayerischen Industrie- und Handelskammertag erzählt, dass 84 Prozent der Unternehmen mit solchen Defiziten konfrontiert sind. „Wenn wir darüber sprechen, dann sprechen wir nicht über Mathematik, Englisch oder Physik, sondern es ist Leistungsbereitschaft, mentale Leistungsfähigkeit, Interesse überhaupt für einen Ausbildungsberuf, Motivation.“
Anfassen nur mit Samthandschuhen
Solche Defizite stellt Maximilian Steininger bei seinen Azubis nicht fest. Trotzdem, etwas hat sich etwas verändert: die Kritikfähigkeit. „Dass mal einer verpennt hat, dass mal einer was vergessen hat und so weiter, das gab es früher auch“, so der Steinmetzmeister, „aber die Konsequenzen waren andere und der Anschiss war früher ein anderer, wie man es heutzutage bekommt. Heutzutage darf man schon, aber sollte man nicht so oft mit den Lehrlingen so sprechen, wie man es vielleicht früher gewohnt ist, weil die dann grundsätzlich beleidigt sind oder vielleicht dann auch mal zwei, drei Tage nicht kommen“.
Bayern setzt auf Ausbildung
Doch gebraucht werden die Auszubildenden in den Betrieben. In Zukunft wird der Fachkräftemangel den Bedarf sogar noch erhöhen. Kein Wunder, dass Arbeitsagentur, Handwerkskammern, IHKs und die Politik hoffen, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Unternehmen bereit sind, junge Menschen auszubilden. Dr. Markus Schmitz, der Chef der Bundesagentur für Arbeit in Bayern, betont deshalb diese Bereitschaft in Bayern: „Angesichts des ja wirklich schlechten Arbeitsmarktes, den wir gerade in Bayern haben, ist die Ausbildungsmarktbilanz richtig gut. Wir haben 95.000 Ausbildungsstellen, das ist in diesen Zeiten wirklich eine super Situation.“ Das sei nicht selbstverständlich. In anderen Bundesländern gebe es zum Teil viel weniger Lehrstellen als Bewerber.
Ausbildungs-Boom in der Gastronomie
Eine Branche freut sich über besonders reges Interesse: Gastronomie und Hotellerie. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, berichtet, dass das Interesse an den Ausbildungsberufen in seiner Branche enorm gestiegen ist. Das liege daran, dass die Ausbildung dort für bis zu 105 Berufe qualifiziert: „Das sind Dinge, die man fürs Leben brauchen kann.“ Inzwischen befinden sich in der Gastronomie und in den Hotels sogar mehr junge Menschen in der Ausbildung als vor Corona.
Fehlende Abiturienten erschweren Lage
Viele Betriebe müssen zusätzlich mit einer besonderen Situation klarkommen. Nämlich, dass in Bayern fast ein ganzer Abiturjahrgang ausgefallen ist durch die Umstellung vom achtjährigen auf das neunjährige Gymnasium. In diesem Jahr fehlen diese Absolventen. Beim Handwerk machen die Bewerber mit Abi in der Tasche immerhin zwölf Prozent der Azubis aus, so Christian Gohlisch von der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern.
Dringend benötigte Fachkräfte von morgen
Zurück zum Steinmetzbetrieb von Maximilian Steininger in München: Seine drei Azubis arbeiten gut mit. Meistens. Aber, das sei halt so bei jungen Leuten, so ihr Chef: „Manche haben mal ein bisschen einen Durchhänger, aber im Großen und Ganzen entwickeln sich die eigentlich prächtig. Und ich denke, dass das drei Kandidaten sind, die auf jeden Fall die Lehre beendigen werden.“ Die künftigen drei Fachkräfte kann er auf jeden Fall gut brauchen. Aufträge gibt es genug.

