Silvio Berlusconi – der frühere italienische Staatspräsident und Medienmogul ist bekannt für schillernde Eskapaden und eine unverhohlene Verquickung von Medien und Politik. Mit seinen Fernsehsendern stützte er seine Partei Forza Italia und festigte seine Macht. Nach seinem Tod führen seine Kinder sein Medienimperium weiter. Es firmiert heute unter dem Namen Media for Europe (MFE).
Und seit vergangener Woche steht so gut wie fest, dass MFE die Mehrheit an ProSiebenSat.1. übernehmen wird. Zu dem Medienkonzern mit Sitz in Unterföhring bei München gehören auch die TV-Sender Kabel 1, Sixx oder die Streamingplattform Joyn. Früh hatte der parteilose Kulturstaatsminister Wolfram Weimer große Bedenken an den Übernahmeplänen geäußert. Ein Eigentümerwechsel dürfe nicht zu einer Einschränkung der journalistischen Unabhängigkeit führen, sagte Weimer dem Spiegel. Der Deutsche Journalisten-Verband wurde noch deutlicher. Es bestehe die Gefahr, so die Organisation, dass der deutsche Sender schleichend auf populistische Berlusconi-Linie getrimmt werde. Nun also das Gespräch zwischen Wolfram Weimer und Pier Silvio Berlusconi, dem Chef von MFE und Sohn Silvio Berlusconi. Danach betonten beide Einigkeit.
Weimer nach Treffen sehr zufrieden
Viel wurde nicht über das Treffen bekannt. Nur eine kurze Pressemitteilung wurde verschickt. Demnach hat Pier Silvio Berlusconi, der auch deutlich zurückhaltender auftritt als sein Vater, versucht, alle Bedenken zu zerstreuen. “MFE bekräftigte im Gespräch ihr deutliches Bekenntnis zum Standort Deutschland und zur Wahrung redaktioneller Unabhängigkeit”, heißt es in der Mitteilung. Außerdem erklärte MFE, weiterhin Steuern in Deutschland zu bezahlen. Also dort, wo Sender betrieben und Inhalte produziert werden. Für den ursprünglich so kritischen Wolfram Weimer sind das gute Signale. „Dass MFE diese Verantwortung in Deutschland wie auch in Italien und Spanien übernimmt, freut uns“, wird Weimer zitiert.
Berlusconi: Arbeitsplätze in Bayern bleiben
Was aber hat MFE mit ProSiebenSat.1 vor? Dazu hat Pier Silvio Berlusconi große Pläne angekündigt. „Wir wollen Arbeitsplätze erhalten und die Verankerung von ProSiebenSat.1 in Bayern, in Deutschland und im gesamten deutschsprachigen Raum stärken“, wird Berlusconi in der Mitteilung zitiert. Und weiter gibt Berlusconi an, das lokale Angebot auszubauen, „mit mehr Nachrichten, mehr Unterhaltungssendungen und mehr Fernsehserien – und im Laufe der Zeit weniger zugekauften Formaten“. Wie das zu den großen Plänen hinter der Übernahme passt, bleibt unklar. Denn gleichzeitig unterstrich Berlusconi Ambitionen, die alles andere als lokal sind. Die Übernahme von ProSieben Sat.1 soll demnach ein weiterer Schritt zu einem pan-europäischen Medienkonzern sein. Damit möchte man ein Gegengewicht zu Streamingkonzernen wie Netflix oder Internetgiganten wie Google und Meta schaffen.
Die Hintergründe zum Deal
In den vergangenen Monaten tobte ein regelrechter Übernahmekampf um ProSiebenSat.1. Seit vergangener Woche steht so gut wie fest, dass Media for Europe bald die Mehrheit halten wird. Da hatte der Konkurrent aufgegeben. Der tschechische Investor PPF kündigte an, seine Anteile an ProSiebenSat.1 zu verkaufen – und zwar an die Italiener. MFE wird damit wohl über weit mehr als die Hälfte der Aktien von ProSiebenSat.1 verfügen. Wie viele MFE genau besitzt, wird am kommenden Donnerstag klar sein. Dann soll bekannt gegeben werden, wie viele der Aktionäre das Angebot von MFE angenommen und ihre ProSiebenSat.1-Anteile verkauft haben.