Einen quietschgelben Kleinwagen mit Karaoke-Funktion präsentiert der weltgrößte Elektroautobauer BYD bei der IAA Mobility als einen seiner Stars: Den „Dolphin Surf“ – denn der hat gerade eben fünf Sterne beim europäischen Sicherheitstest EuroNCAP geholt. Darauf ist BYD-Vizepräsidentin Stella Li in München besonders stolz, denn mit dieser Bestnote soll der Dolphin punkten.
Auch mit dem Preis: In Grundausstattung kostet dieses typische Stadtauto in Deutschland rund 22.000 Euro. In China selbst müssen Autokäufer allerdings für den Dolphin nur umgerechnet 10.000 Euro zahlen.
„Rabattschlacht“ in China
Warum so billig in China? „Dort tobt seit längerem eine heftige Rabattschlacht“, sagt der renommierte Auto-Experte Stefan Bratzel aus Bergisch-Gladbach im Interview mit BR24. Deshalb ist im ersten Halbjahr der Gewinn von BYD auch zurückgegangen, obwohl der Konzern aus Shenzhen bei Hongkong 500.000 Autos mehr verkaufte als im Vorjahreszeitraum – womit er weltweit zu den Top Ten gehört.
Aber die Deutschen bleiben chinesischen Autos gegenüber skeptisch: Ihr Marktanteil im ersten Halbjahr lag bei knapp zwei Prozent.
20.000 Euro versus 60.000 Euro
Wird das so bleiben? Stefan Bratzel hält es für einen Vorteil, dass die Chinesen anders als deutsche Hersteller beim E-Auto längst auf den Massenmarkt setzen. „Wir haben da im Schnitt Preise von umgerechnet etwa 20.000 Euro über alle Hersteller hinweg. In Deutschland liegen wir bei 55.000 bis 60.000 Euro. Das ist ein Riesen-Unterschied.“ Und unterm Strich ist das ein wirtschaftlicher Vorteil für die chinesischen Konzerne, allein schon durch den Massenverkauf.
Chinesische Hersteller drängen auf EU-Markt
Warum aber ist der Dolphin in Europa so viel teurer? In der EU sind für E-Autos, die in China gebaut wurden, seit Oktober 2024 hohe Strafzölle fällig. 17 Prozent bei BYD. „Wir finden diese Politik natürlich nicht gut“, sagte BYD-Vize Stella Li im Interview mit BR24. „Aber dann gehen wir halt hin, wo der Markt ist. Ich bin glücklich, dass wir schon ab Ende des Jahres E-Autos und Plugin-Hybride in unserer neu gebauten Fabrik in Ungarn produzieren.“ Dort fallen keine Strafzölle an.
Ganz ähnlich ist die Strategie bei anderen chinesischen Autobauern, die nun Europa ins Visier nehmen. Zum Beispiel XPeng. Bei der IAA 2023 machte dieser Hersteller Schlagzeilen, weil Volkswagen kurz zuvor eine neue Zusammenarbeit mit XPeng verkündet hatte. VW verspricht sich vom Hersteller aus dem südlichen Guangzhou digital deutlich besser ausgestattete Modelle. Mittlerweile wollen die beiden auch Plugin-Hybride zusammen entwickeln. In München brüstet sich XPeng nun sogar mit Zukunftsplänen über eine Kombination aus Auto und Mini-Flugzeug.
XPeng: Produktion und Entwicklung in Europa
Auch XPeng will langfristig in Europa produzieren, um die EU-Sanktionen zu umgehen. Ein Forschungs- und Entwicklungszentrum der Firma hat gerade in dieser Woche in München eröffnet, dem deutschen Sitz von XPeng. Händler und Service würden gerade organisiert, sagte Firmenchef He Xiaopeng im Interview mit BR24. Bei der IAA hatte der 47 Jahre alte Gründer und Namensgeber seiner Firma (XPeng = Xiaopeng) seinen großen Auftritt. Vor zehn Jahren startete er sein Unternehmen und soll damit laut Forbes drei Milliarden Dollar verdient haben.
In München trat He smart und freundlich auf. Für ihn seien EU-Zölle kein Problem, solange sie sich nicht nur gegen einzelne Hersteller richteten und dauernd änderten. Dass die Deutschen mittlerweile beim E-Auto abhängig von China seien, sieht er so: „Technologien entwickeln sich wie die Wellen im Meer. Firmen suchen nach ihrem Platz in den Wellen. Deutschland als eines der technisch stärksten Länder in Europa sollte sich keine Sorgen machen. Wir können noch viel voneinander lernen.“