In Deutschland fehlen die meisten Fachkräfte im Gesundheitswesen und im Baugewerbe. Das geht aus einer am Samstag veröffentlichten Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hervor. Die Forscher errechneten den Angaben zufolge für die Untersuchung erstmals die Fachkräftelücke nach Branchen.
Mehr als 260.000 Stellen nicht besetzt
In den zehn Branchen mit den größten Engpässen konnten demnach im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 260.000 Stellen rechnerisch nicht mit entsprechend qualifizierten Arbeitskräften besetzt werden (externer Link). Am höchsten ist der Bedarf demnach in Gesundheitseinrichtungen: 2024 blieben dort rund 46.000 Stellen unbesetzt. Vor allem Physiotherapeutinnen und -therapeuten (12.000), Pflegekräfte (7.000) und zahnmedizinische Fachangestellte (6.800) waren nicht ausreichend vorhanden.
Im Baugewerbe fehlten knapp 41.300 Fachkräfte, vor allem Fachkräfte für Bauelektrik sowie für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. An dritter Stelle folgte der Bereich öffentliche Verwaltung und Soziales, an vierter Stelle die Industrie.
Hohe Nachfrage nach Arbeitskräften auch im Sozialdienst
Auch im Sozialwesen (ohne Heime) und in Heimen (ohne Erholungs- und Ferienheime) gab es zuletzt große Fachkräfteengpässe. In Betrieben, die im Sozialwesen tätig sind, mussten der Untersuchung zufolge im vergangenen Jahr rund 26.400 Stellen rechnerisch unbesetzt bleiben, weil keine passend qualifizierten Arbeitssuchenden für die Besetzung zur Verfügung standen, in Heimen blieben rund 16.400 Stellen rechnerisch unbesetzt.
IW-Forscher: Fachkräftemangel gefährdet zentrale Versorgungsbereiche
„Zuletzt sind die Fachkräfteengpässe wegen der schwachen Konjunktur zurückgegangen – eine Entwarnung für den Arbeitsmarkt bedeutet das aber nicht“, erklärte IW-Expertin Valeria Quispe. Besonders in wichtigen Versorgungsbereichen fehle weiterhin Personal, was auch im Alltag spürbar sei: „Engpässe im Gesundheitswesen führen zu langen Wartezeiten bei Terminen, fehlendes Personal im Baugewerbe bremst den Wohnungsbau.“
Der Fachkräftemangel gefährde zentrale Versorgungsbereiche, so Quispe. Sie bezeichnete eine „gezielte Fachkräftesicherung“ als unverzichtbar. Dazu gelte es, Beschäftigte ohne Berufsabschluss für Aus- und Weiterbildung zu gewinnen, stärkere Anreize für ein längeres Erwerbsleben zu setzen und die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte zu fördern.
Berechnungen für rund 1.300 Berufe
Das IW berechnet seit 2020 den Fachkräftebedarf in Deutschland für knapp 1.300 Berufsgattungen auf Basis einer eigenen Methodik. Für die aktuelle Studie wurden alle Berufe eines Wirtschaftszweigs berücksichtigt, nicht nur die Kernberufe. So ließen sich Engpässe auch branchenübergreifend erfassen, erklärte das Institut.

