Besonders angesagt unter Skatern und Jugendlichen sind gerade Surfskates und Baggyjeans, also sehr weite Hosen. Bis zu einer Stunde berät Benedikt seine Kunden, skatet mit ihnen durch den Laden in Karlsruhe oder liefert eine Hose nach der anderen an die Umkleidekabine. Als Filialleiter gestaltet der 27-Jährige auch die Ladenfläche, bestellt neue Ware, trägt Verantwortung für fünf Mitarbeitende. Das alles für einen Lohn, der weit unter dem Median liegt.
Die schlechte Bezahlung erklärt sich vor allem durch die angespannte Finanzlage der Branche und des Unternehmens. Titus musste zuletzt Läden schließen. Die Filiale in Karlsruhe blieb verschont – aber für wie lange? Benedikt steht unter Druck, muss Umsatzziele erreichen. An normalen Wochentagen soll der Laden mindestens 1.000 Euro erwirtschaften, an Samstagen bis zu 5.000 Euro.
Vom Studienabbrecher zum Chef
Nach dem Abitur hat Benedikt viel ausprobiert. Ein Freiwilliges Soziales Jahr im Kindergarten, zwei Semester Sozial- und Kommunikationswissenschaften, Gelegenheitsjobs. Alles nicht das Richtige – bis er sich im Einzelhandel bewarb. Mode, Skateboards, Hip-Hop Beats im Ohr. Diesen „Vibe“ mochte Benedikt schon als Jugendlicher. Deshalb entschied er sich 2020 für eine verkürzte Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Titus. Er belegte das zweijährige Ausbildungsprogramm für AbiturientInnen und schloss mit der Zusatzqualifikation des Managementassistenten ab.
Danach wurde er direkt stellvertretender Filialleiter und machte nebenbei seinen Handelsfachwirt und den Ausbilderschein. Die Filiale in Karlsruhe leitet Benedikt seit Mai 2024. Die Hierarchien seien flach, „ich arbeite nur mit Freunden“, sagt er. Umso schwerer falle es ihm, Chef zu sein und strikte Anweisungen zu geben. Gleichzeitig fängt ihn sein Team auf, wenn er überfordert ist, schnell Entscheidungen treffen muss oder die Umsatzziele verfehlt.
Besonderes Arbeitszeitmodell
Benedikt arbeitet eine Woche vier Tage und eine Woche fünf Tage. So kommt er auf im Schnitt auf 36 Stunden pro Woche. Seine täglichen Arbeitszeiten decken sich mit den Öffnungszeiten des Ladens von 11 bis 19 Uhr plus einer halben Stunde vor- und nachbereiten. Der 27-Jährige hat sich bewusst gegen eine Vollzeitbeschäftigung entschieden. Aufstocken könnte er, abbauen nicht, denn als Filialleiter soll er die höchste Präsenz unter den Mitarbeitenden zeigen.
Raue Zeiten im Einzelhandel
Titus lag Anfang 2025 finanziell am Boden und hat Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen konnte zwar gerettet werden, aber sechs der insgesamt 23 Shops mussten schließen, darunter Augsburg. Der Titus-Store in Karlsruhe gehört mit 300 Quadratmetern Ladenfläche und etwa 500.000 Euro Jahresumsatz eher zu den kleineren Standorten. Lange war auch nicht sicher, ob die Filiale bestehen bleibt.
„Unsere Zahlen liegen meist im grünen Bereich“, sagt Benedikt, aber Verluste über mehrere Monate wären existenzbedrohend. Ihn begleitet deshalb die Angst um den Job, den er liebt.
Jahresgehalt von 29.700 Euro
Benedikt verdient jeden Monat 2.475 Euro, das ergibt 1.727 Euro netto für eine 36-Stunden-Woche. Zusätzlich überweist ihm sein Arbeitgeber jeden Monat steuerfrei 45 Euro auf eine Gutschein-Karte. Mit der Karte kann er zum Beispiel im Supermarkt oder bei regionalen Shops einkaufen. 2025 wird er voraussichtlich ein Jahresbrutto von 29.700 Euro bekommen.
Gehalt im Vergleich
Das Medianentgelt für Filialleiter beträgt laut Bundesagentur für Arbeit (externer Link) 4.779 Euro brutto. Das ist fast doppelt so viel, wie Benedikt verdient. Würde man seine 36-Stunden-Woche auf 40 Stunden hochrechnen, käme er immerhin auf 2.750 Euro. Dennoch: Die Skateboard-Branche ist eine angeschlagene Nische, im Lebensmitteleinzelhandel könnte der 27-Jährige deutlich mehr verdienen. Er selbst findet sein Gehalt zwar zu niedrig, aber für ihn sei es der schönste Job, den man sich vorstellen kann. Wegen der spannenden Aufgaben, wegen der Leute – und wegen des „Vibes“.

