Als sich Union und SPD für ihre neue Regierung Anfang des Jahres zusammenraufen mussten, wurden viele Reizthemen bewusst ausgespart. Und so steht im Koalitionsvertrag auch nichts Konkretes darüber, ob und wie man reichere Haushalte in die Pflicht nehmen könnte. Für die Koalition in Berlin wird es jetzt aber konkret: Sie muss sich überlegen, wie die Lücken im Etat gestopft werden könnten. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hätte nichts dagegen, reichere Haushalte steuerlich mehr zu belasten. Es geht dabei auch um eine Umverteilung von oben nach unten.
Weniger Reiche sollen entlastet werden – eigentlich
Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: „Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken.“ Die Mitte der Legislatur wäre 2027 und beträfe damit jenen Haushalt, über den gerade heftig diskutiert wird. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sah sich allerdings von Anfang an nicht wirklich an die Zusage gebunden. Für ihn sei eine solche Steuer-Senkung nicht fix (externer Link), möglicherweise Bezahl-Inhalt) ließ er schon vor seiner Amtseinführung wissen. Die SPD will daran festhalten (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) und sucht nach Finanzierungsmöglichkeiten.
47 Prozent Spitzensteuersatz
Die Sozialdemokraten würden gerne hohe Einkommen stärker besteuern. Derzeit liegt der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer in Deutschland bei 42 Prozent. Er gilt ab einem zu versteuernden Einkommen von 68.481 Euro bei Ledigen. Bei Verheirateten ist die Grenze doppelt so hoch. Die SPD würde den Spitzensteuersatz nun gerne um fünf Prozentpunkte hochsetzen auf 47 Prozent.
CDU und CSU haben sich bisher strikt gegen Steuererhöhungen ausgesprochen. Sie könnten sich dagegen vorstellen, die Schwelle für den Spitzensteuersatz anzuheben, etwa auf 80.000 beziehungsweise 160.000 Euro. Die Union nennt das Abflachung des Einkommensteuertarifs. Davon soll der Mittelstand profitieren. Die Finanzierungsprobleme sind damit aber nicht behoben – im Gegenteil.
Reichensteuer erhöhen?
Topverdiener zahlen in Deutschland eine Reichensteuer. Hier gilt die Grenze von 278.000 Euro für Alleinstehende und 556.000 Euro für Paare. Jahreseinkommen, die darüber liegen, müssen zu 47 Prozent versteuert werden. Die SPD würde den Steuersatz gerne auf 49 Prozent anheben.
Unter Kohl mussten Reiche mehr zahlen – theoretisch
Interessant ist ein historischer Vergleich: Unter der Regierung des langjährigen CDU-Kanzlers Helmut Kohl gab es zeitweise einen Höchstsatz von 56 Prozent (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). Manche Wohlhabende wurden damals also mit einem höheren Satz belegt, als der, den die SPD aktuell bei der Reichsteuer fordert. Für die Union ist eine höhere Reichensteuer derzeit kein Thema, denn damit würde sie ihr Versprechen (externer Link) brechen, dass es mit ihr keine Steuererhöhungen geben soll. Was auch zur Wahrheit gehört: Den Spitzensatz zu Kohls Zeiten zahlten die Allerwenigsten, dank zahlreicher Steuerschlupflöcher.
Vermögenssteuer brächte viele Milliarden
In der Bundesregierung gibt es derzeit keine konkreten Pläne oder Forderungen zur Vermögenssteuer. Die Union lehnt sie strikt ab. Die SPD hatte sich lediglich in ihrem Wahlprogramm geäußert (externer Link). Sie wollte sich dabei auf wirklich große Vermögen konzentrieren. Nur wer mehr hat als 100 Millionen Euro, müsste demnach zwei Prozent Steuern zahlen. Außerdem würde sich die SPD gerne international abstimmen, damit Deutschland mit seiner Vermögenssteuer nicht alleine dasteht und sich die Reichen ins Ausland verabschieden.
Der Ökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Stefan Bach, hat in einem taz-Interview (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) durchgerechnet, wie eine Vermögenssteuer konkret aussehen könnte. Er würde einen persönlichen Freibetrag von mindestens einer Million Euro ansetzen, sodass die meisten Eigenheime steuerfrei blieben. Eine solche Vermögenssteuer würde dann rund 400.000 Haushalte treffen. Bei einem Steuersatz von einem Prozent könnte der Fiskus so jährlich bis zu 35 Milliarden Euro einnehmen, so Bach.