Trotz zahlreicher Wirtschaftssanktionen der EU wegen des Ukraine-Kriegs liefern deutsche Autohersteller immer wieder Fahrzeuge nach Russland. So räumte BMW jetzt ein, dass von Hannover aus mehr als 100 hochwertige Fahrzeuge zu russischen Abnehmern gebracht wurden – trotz eines strikten Embargos.
Zwischenhändler bringen verbotene Waren nach Russland
Interne Kontrollmaßnahmen hätten Unregelmäßigkeiten aufgedeckt, heißt es in einer Stellungnahme des Münchener Autoherstellers, der weitere Verkauf von Fahrzeugen nach Russland sei gestoppt worden. Zudem habe sich die BMW Group entschieden, den hauptverantwortlichen Mitarbeitern zu kündigen.
Das Magazin „Business Insider“ hatte als erstes darüber berichtet [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt], dass am BMW-Standort Hannover ein reger Handel mit russischen Abnehmern stattfand. Für eine solche Lieferung von Fahrzeugen besteht ein striktes Embargo wegen diverser EU-Sanktionen seit Beginn des Ukraine-Kriegs.
Verhindern kann BMW umstrittene Geschäfte nur zum Teil
Die BMW Group versuche, mithilfe verschiedener Maßnahmen, diese Art von russischen Importen zu verhindern. Selbst wenn sie die Sanktionen einhalten, kommt es laut BMW bei vielen Unternehmen in verschiedenen Branchen vor, dass ihre Produkte in Russland verfügbar sind oder dort angeboten werden. Besonders bekannt dafür ist der LKW-Hersteller Mercedes, dessen Trucks für Russland sogar kriegswichtig sind als Zugmaschinen, Transporter und Mannschaftswagen.
Handel mit kriegswichtigen Daimler-Trucks
Bis zum Beginn des Ukraine-Kriegs arbeitete Daimler Truck elf Jahre lang vor Ort in Russland direkt mit dem größtem Panzerwagen-Hersteller Kamaz zusammen. Dabei wurden aber lediglich 35.000 Fahrzeuge verkauft. Viel größer ist der Marktanteil für herkömmliche Mercedes-LKW in Russland, der seit 2022 immer noch in die Hunderttausende geht.
Das ist erstaunlich, weil der Stuttgarter Autobauer zum Ende des ersten Kriegsjahres bereits seinen Rückzug vom russischen Markt ankündigte und alle Anteile seiner Industrie- und Finanzdienstleistungen dort an den ehemaligen russischen Autohändler Avtodom verkaufte.
Seitdem verliert Russland in den Kriegshandlungen in der Ukraine ständig LKW, die dort für die Versorgung der kämpfenden Truppen mit Nachschub von Munition und Waffen oder Panzertransporten unerlässlich sind. In geringerem Umfang sollen auch LKW der VW-Tochtermarken MAN und Scania im Ukraine-Krieg eingesetzt werden. Teilweise sollen auch chinesische Zwischenhändler mit im Spiel sein. Erstaunlich oft geht es um die Vermittlung teurer Neufahrzeuge und gerade nicht von günstigeren Gebrauchten.
Unter den LKW viele Neufahrzeuge direkt aus deutschen Fabriken
Um nun eine Mercedes-Zugmaschine ins Kriegsgebiet zu bekommen, muss man in Russland normalerweise zunächst einen Zwischenhändler aus einem EU-Land beauftragen. Gegen einen Export zum Beispiel nach Bulgarien kann es hier in Deutschland keine rechtlichen Einwände geben. Die Fahrzeuge erscheinen in der Konzernbilanz offiziell als Exporte in europäische Länder.
Von dem bei diesen Geschäften bevorzugten Bulgarien geht es in die benachbarte Türkei, die als Drehscheibe für viele Güter von und nach Russland dient. Die Türkei ist selbst ein wichtiger Auslands-Markt für Mercedes, nicht zuletzt mit seiner riesigen Armee und einem LKW-Werk. Mercedes-Benz Türk Aksaray produziert mit 1.600 Mitarbeitern unter anderem schwere Nutzfahrzeuge, Sattelzugmaschinen und Baufahrzeuge der Baureihen Actross und Arocs. Eine Lieferung nach Russland könnte so auch direkt aus türkischer Produktion erfolgen.