Als Richter verdient man ganz gut – aber bei weitem nicht so viel wie Juristen in der freien Wirtschaft. Dennoch entscheiden sich in Deutschland viele Jura-Absolventen für eine Laufbahn am Gericht. Die Bundesrepublik liegt im internationalen Vergleich mit der Anzahl an Richtern in absoluten, wie auch auf die Bevölkerungszahl gerechnet, mit am höchsten. Warum wählen so viele den Beruf? Lorenz erzählt uns seine Beweggründe und wie viel er verdient.
Vom Wirtschaftsanwalt zum Richter: Lohneinbußen inklusive
Lorenz hat Jura an der Universität Passau studiert und promoviert. Nach seinem Referendariat am Oberlandesgericht Nürnberg steht er vor der Wahl: Anwalt oder Richter. Er entscheidet sich zunächst für Anwalt. In einer Wirtschaftskanzlei läuft es von Anfang an gut. Das Gehalt ist hervorragend und könnte noch weiter ansteigen. Dennoch entscheidet sich der heute 38-Jährige für den Staatsdienst und gegen das große Geld.
Nach seiner erfolgreichen Bewerbung am Gericht beginnt zunächst eine mindestens dreijährige Bewährungsphase als „Richter auf Probe“. In dieser Zeit wird geprüft, ob man sich für eine dauerhafte Übernahme ins Richterverhältnis eignet.
Seit dem vergangenen Jahr ist Lorenz nun Richter am Amtsgericht Kempten. In seiner Funktion als Strafrichter befasst er sich mit sogenannten Alltagsdelikten: Trunkenheit im Straßenverkehr, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Unfallflucht, Vermögensdelikte, Betrug, Diebstahl und Körperverletzung.
Entscheiden statt plädieren: So kommt Lorenz zu einem Urteil
Vor Kurzem hat Lorenz als Strafrichter zum Beispiel diesen Fall behandelt: Ein Angeklagter soll auf einer Online-Plattform Spielkonsolen zum Verkauf angeboten haben, die er gar nicht besaß. Die Opfer zahlten per Vorkasse, erhielten jedoch keine Ware. Der entstandene Schaden beläuft sich auf rund 885 Euro.
Trotz wiederholtem Betrug: Lorenz verhängt nur Bewährungsstrafe
Das gesetzliche Strafmaß reicht in solchen Fällen von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Doch im Verlauf der Hauptverhandlung kommt eine entscheidende Wendung: Der Angeklagte ist bereits vorbestraft und steht unter Bewährung. Das erschwert die Situation erheblich.
Trotzdem entscheidet sich Lorenz für eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten. Ausschlaggebend sind persönliche Umstände wie die Aussicht auf eine feste Anstellung und die familiäre Verantwortung des Angeklagten. Zusätzlich ordnet das Gericht die Einziehung des erlangten Betrags in Höhe von 885 Euro sowie die Übernahme der Verfahrenskosten an.
Ein Blick auf den Gehaltszettel: So viel verdient ein Richter
Lorenz verdient als Richter am Amtsgericht ein monatliches Grundgehalt von 6.407,76 Euro (Besoldungsgruppe R1, Stufe 6). Hinzu kommt ein Orts- und Familienzuschlag von 493 Euro, da er zwei Kinder hat. Insgesamt ergibt das ein Bruttogehalt von 6.900,76 Euro.
Da Richter – wie Beamte – keine Beiträge zur Renten- oder Arbeitslosenversicherung zahlen müssen, wird lediglich die Lohnsteuer abgezogen. Übrig bleiben bei Lorenz rund 5.022,60 Euro netto. Nach Abzug seiner privaten Krankenversicherung in Höhe von 248,31 Euro verbleiben ihm rund 4.774,29 Euro netto pro Monat.
Zum Vergleich: Das mittlere Bruttogehalt von Richtern in Deutschland liegt laut Entgeltatlas der Agentur für Arbeit (externer Link) bei etwa 6.922 Euro. Lorenz bewegt sich mit seinem Einkommen also im üblichen Rahmen.
Statt Traumgehalt: Mehr Verantwortung, weniger Arbeit
Damit verdient Lorenz deutlich weniger als bei seinem vorigen Job als Rechtsanwalt in einer Wirtschaftskanzlei. Damals betrug sein Jahresbruttogehalt rund 110.000 Euro. Mit der Zeit hätte er dort sogar doppelt so viel verdienen können. Kein Wunder also, dass er sich bei dem Berufswechsel fragte: „Mache ich hier das Richtige oder verschenke ich da was?“
Heute bereut Lorenz seine Entscheidung nicht. Er empfindet die Arbeit als Richter als sinnstiftend und herausfordernd, gerade wegen der Verantwortung und der Vielschichtigkeit des Berufs. Auch der Blick auf die Arbeitsbelastung zeigt Unterschiede: Während Richter im Schnitt rund 43 Stunden pro Woche arbeiten, liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Anwältinnen und Anwälten laut Erhebungen bei 51,1 Stunden. Jeder Dritte kommt regelmäßig auf 50 bis 60 Stunden.