Aktuell liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro die Stunde. Nächstes Jahr soll er auf 13,90 Euro steigen und dann in zwei Jahren auf 14,60 Euro. Das hat die Mindestlohnkommission am Freitag so vorgeschlagen. Gut für die Arbeitnehmer, auch wenn damit nicht die 15,00 Euro erreicht werden, für die sich die SPD starkgemacht hatte. Trotzdem stellt die Erhöhung manch einen Arbeitgeber vor eine Herausforderung. Beispielsweise in der Landwirtschaft.
Höhere Lebensmittelpreise: Gehen die Verbraucher mit?
„Bis 12,80 Euro haben wir uns bis jetzt durchgehangelt, wir haben uns mit angepasst und haben es geschafft“, sagt Landwirt Armin Braun. Er betreibt einen Bio-Spargelhof in Garstadt im Landkreis Schweinfurt. Auf seinen 50 Hektar Fläche baut er unter anderem Spargel, Tafeltrauben, Erdbeeren und auch Kartoffeln an. Das kann er allein nicht bewirtschaften. Deshalb beschäftigt er jedes Jahr Erntehelfer – aktuell sind es zehn Erntehelfer aus Rumänien. Wie Toma Procoian Danesko. In Rumänien hat er keine Arbeit. „Bei uns zu Hause ist die Fabrik zu und hier ist Arbeit für uns, das ist gut für uns. Hier verdienen wir Geld, das wir für unsere Familien brauchen“, sagt er.
Auch, wenn Armin Braun bisher seinen Erntehelfern den Mindestlohn zahlt: Mit einer Erhöhung auf 14,60 Euro würde sich der 53-jährige Landwirt schwertun: „Wir legen es auf den Preis um, dann kostet die Schale Erdbeeren oder das Kilo Spargel wieder 50 Cent oder einen Euro mehr im nächsten Jahr. Dann zeigt sich, ob der Verbraucher mitgeht. Wir müssen es halt verkaufen können, sonst müssen wir aus der Produktion aussteigen“, erklärt Armin Braun.
Bauernverband: 80 Prozent des Mindestlohns für Erntehelfer
Mit dieser Meinung ist Armin Braun nicht allein – der Bauernverband sieht es auch so und fordert deshalb 80 Prozent des Mindestlohns für Erntehelfer. Unterstützung bekommt er von Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU): Auf BR-Nachfrage erklärte der Bundesminister, er kenne die Sorgen der Landwirtinnen und Landwirte – vor allem derer, die Erntehelfer im Einsatz haben. Deshalb lasse er in seinem Ministerium gerade prüfen, ob es rechtliche Möglichkeiten für Ausnahmen gebe.
„Wenn der Mindestlohn so schnell und explosionsartig steigt in manchen Branchen wie gerade hier in der Landwirtschaft, dann kann es durchaus zu Problemen kommen. Dass der Mindestlohn irgendwann in dieser Höhe sein wird, das ist unstrittig, aber die Geschwindigkeit ist für manche schon ein Problem“, betont Rainer im Gespräch mit dem BR.
Ärger über günstigere Produkte aus dem Ausland
Viele Verbraucher seien jetzt schon verwundert, dass eine Schale Erdbeeren aus dem Ausland im Supermarkt teilweise deutlich günstiger ist als die heimischen Erdbeeren, stellt Landwirt Armin Braun fest. Dies findet er auch schwierig: „Bei uns erwartet man alles zu fairen Bedingungen. Und bietet aber aus Ländern, wo Bedingungen herrschen, die wir nicht akzeptieren würden, die Waren dann bei uns so an.“
Damit die Kunden beim Einkaufen auch weiterhin zu den Produkten aus dem Inland greifen, hält der 53-jährige Landwirt den Vorschlag des Bauernverbandes mit 80 Prozent des Mindestlohns für Erntehelfer für wichtig. Denn dies entspreche mit im nächstem Jahr 11,12 Euro und in zwei Jahren dann 11,68 Euro ungefähr dem aktuellen Stand des Mindestlohns mit derzeit 12,82 Euro, meint Braun: „Es würde dann so bleiben wie es ist, damit können wir ganz gut leben. Das gibt eine beruhigende Basis, wo man sagt, okay, es geht auf jeden Fall weiter, dass wir nicht nächstes Jahr aufhören müssen, weil wir mit der Kostensteigerung nicht mehr standhalten könnten.“
Außerdem seien die 14,60 Euro Mindestlohn für die Lebenshaltungskosten hier in Deutschland ausgelegt. Seine Erntehelfer seien jedoch nur für drei Monate hier, um Geld zu verdienen und gingen dann wieder in ihre Heimatländer zurück. „Dort leben sie zu den dortigen Bedingungen. Somit sind sie nicht auf die Lohnsteigerung angewiesen“, findet Landwirt Braun.