Rolf Biemüller hat sich auf seinem Nachhauseweg einen besonderen Stopp vorgenommen: eine neue Beratungsstelle in der Würzburger Fußgängerzone. „Elektronische Patientenakte & Co – digitale Gesundheit für alle“ steht in weißen Großbuchstaben auf dem Schaufenster. Der 73-Jährige hat Fragen zur Patientenakte – und stellt sie Christoph Günther. Er ist der Geschäftsführer des Würzburger „Awesome Technologies Innovationslabors“ und hat den Pop-up-Store vor kurzem ins Leben gerufen.
Aufklärung über digitales Gesundheitsnetzwerk
Digitale Gesundheitsangebote Menschen aller Altersgruppen näherbringen – das ist das Ziel von Christoph Günther und seinem Team. Seit Anfang August informieren die Berater über Themen rund um die Telematikinfrastruktur (TI), einem digitalen Netzwerk im deutschen Gesundheitswesen. Dieses verbindet unter anderem Ärzte, Apotheken und Kliniken miteinander. So sollen sie Patientendaten schnell und sicher austauschen können – etwa mittels E-Gesundheitskarte und E-Rezept.
Viele Menschen noch zu wenig informiert
Doch das Wissen über Digitalisierung im Gesundheitswesen sei relativ gering, sagt Christoph Günther. Und das, obwohl sich jeder jeden Tag mit Gesundheit befasse. Gerade bei älteren Menschen sei die Verunsicherung groß. Zwar bekommen alle gesetzlich Versicherten in Deutschland eine Gesundheitskarte. Doch was genau sie da in den Händen halten, sei einigen unklar. Dabei ist diese laut Christoph Günther der zentrale Identitätsnachweis eines Patienten. Patienten können seit Herbst 2020 auf dieser Karte alle relevanten Notfalldaten über sich hinterlegen – sofern sie wollen.
Breite Anwendungszwecke der Gesundheitskarte
Die Karte kann auch verwendet werden, um auf E-Rezepte und die elektronische Patientenakte zuzugreifen. Dort lassen sich etwa Diagnosen, Medikationspläne oder der digitale Impfpass speichern. Die Patienten haben laut Christoph Günther die Hoheit über ihre Daten. Sie können in der Arztpraxis oder im Krankenhaus ihren Notfalldatensatz anlegen lassen, einsehen oder ändern.
Wenige nutzen E-Patientenakte
Seit 2025 legen die gesetzlichen Krankenkassen automatisch eine elektronische Patientenakte für ihre Versicherten an, sofern diese nicht widersprochen haben. Doch eine repräsentative Umfrage des Branchenverbands Pharma Deutschland [externer Link] ergab: Nur rund 69 Prozent der Befragten in Bayern kennen die Akte, knapp 13 Prozent nutzen sie tatsächlich.
Menschen suchen Rat
Den Pop-up-Store hätten seit der Eröffnung mehr als 35 Menschen besucht, viele von ihnen mit Fragen zur Patientenakte, sagt Christoph Günther. Rolf Biemüller hoffe, dass das Beratungsangebot häufig genutzt werde, weil „die Berührungsängste möglicherweise durch so eine Initiative erheblich gesenkt werden.“
Neben persönlicher Beratung und Broschüren können Interessierte Demoanwendungen an Monitoren ausprobieren und so etwa die elektronische Patientenakte – auch aus Arztsicht – besser kennenlernen. Vorträge und Veranstaltungen sind ebenfalls geplant.
Stadt unterstützt Pop-up
Unterstützt wird das Pop-up von der Stadt Würzburg und vom fränkischen Modellprojekt „Health Care BY Your Side“, initiiert vom Bayerischen Gesundheitsministerium und durchgeführt vom Innovationsnetzwerk Gesundheit. Mit Pop-up-Konzepten wolle man dem Leerstand entgegenwirken und den Stadtkern mehr beleben, teilte die Stadt mit.
Noch bis zum 15. Oktober können sich Bürger und Leistungserbringer wie Ärzte und Kliniken im Store in der Spiegelstraße 19 kostenlos beraten lassen – und sich dadurch im Telematik-Dschungel besser zurechtfinden.