Der Axel-Springer-Verlag befindet sich in einem umfassenden strukturellen Umbau. Getrieben von seinem Vorsitzenden Mathias Döpfner und dessen Nähe zu den Tech-Bossen in den USA, setzt Springer künftig voll auf Künstliche Intelligenz (KI).
Auflagen der gedruckten Zeitungen sinken
Zu Axel Springer gehören bekannte Marken wie die Bild-Zeitung, die Welt-Gruppe, Business Insider oder Politico. Wirtschaftlich gesehen steht der Konzern einigermaßen gut da. Aber die Auflagen der gedruckten Zeitungen sinken: Die der Bild-Zeitung lag im zweiten Quartal 2025 bei 0,98 Millionen, halb so viel wie 2017. Ähnlich sieht es bei der Welt aus. Dennoch erzielte der Konzern 2023 einen Umsatz von knapp vier Milliarden Euro, mit leicht steigender Tendenz. Der Verlag befindet sich in einem strukturellen Umbau. Stellen wurden gestrichen, vor allem bei den Regionalausgaben der Bild. Jobs sollen durch KI ersetzt werden, um die „Digital only“-Strategie zu verfolgen.
Beobachter: Döpfner „wäre gerne ein Tech-CEO“
Seit den späten Nullerjahren versucht Döpfner, den Verlag zu einem Tech-Unternehmen umzubauen, um die Digitalisierung nicht zu verpassen, die das Zeitungsgeschäft stark bedroht. Seine besondere Faszination für das Silicon Valley stammt aus seiner Zeit als junger Mann in den USA. Im Interview für eine ARD-Doku erzählt Döpfner: „Ich habe mein Nutzerverhalten komplett geändert. Früher habe ich auf Google alles gesucht und gefunden. Das hat sich um 95 Prozent reduziert. Ich benutze jeden Tag, in fast jedem Meeting Perplexity und ChatGPT und Copilot.“
Döpfner umwirbt die Tech-Milliardäre aus den USA seit Jahren. Er hat den „Axel Springer Award“ ins Leben gerufen, den er 2016 erstmals an Mark Zuckerberg verlieh, später an Jeff Bezos und Microsoft-CEO Satya Nadella. Er pflegt enge Kontakte zu ihnen, auch zu Peter Thiel und Alex Karp, dem Chef von Palantir und nicht zu vergessen: Elon Musk. Der österreichische Wirtschaftsjournalist Alexander Fanta hat zu Döpfners Strategien recherchiert, er meint: „Ich glaube, Döpfner wäre am liebsten kein Medien-CEO, er wäre gerne ein Tech-CEO.“
Zukunftsstrategie: Alles auf KI setzen
Döpfner sucht die Nähe zu den Tech-CEOs auch, um sich mit ihnen zu arrangieren, da sie Konkurrenten im Wettbewerb um Klicks und Werbeeinnahmen sind. Kai Diekmann, ehemaliger BILD-Chefredakteur, erzählt im Interview mit dem NDR: „Wir haben immer gesagt, das sind unsere ‚Frenemies‘. Also weder Friends (Freunde), noch Enemies (Feinde). Nicht Friends, weil sie eben unser Geschäftsmodell okkupiert haben. Auf der anderen Seite auch keine Enemies, weil wir sie nämlich brauchten, weil es die neuen digitalen Kioske waren, über die wir unsere Inhalte vertrieben haben.“
Springer kooperiert seit 2023 mit OpenAI, um die Inhalte des Verlags prominent in den Ergebnissen von ChatGPT zu platzieren. Döpfner setzt voll auf KI und erklärte im Juni vor Führungskräften: „Bei uns muss sich keiner dafür rechtfertigen, dass er für Artikel, Präsentationen, Reden – was auch immer – künstliche Intelligenz genutzt hat. Rechtfertigen muss sich nur, wer sie nicht nutzt.“ Er will Springer zum führenden Anbieter von KI-basiertem Journalismus machen und den Wert des Unternehmens bis 2030 verdoppeln.
Risiko von Fehlern bei KI-Nutzung
Doch die Abhängigkeit von KI birgt Risiken. Zuletzt gab es einige Fälle von peinlichen Fehlern durch KI-Nutzung in Springer-Medien. Eine angebliche Autorin namens „Margaux Blanchard“ veröffentlichte bei Business Insider mehrere Artikel. Erst später bemerkte das Medium, dass die Autorin offenbar keine reale Person, sondern eine KI war. Business Insider musste die Artikel depublizieren.
Bei Bild gab es im Mai eine Geschichte über einen angeblichen Casino-Betrug in der Schweiz, die voller Fehler war. Mathias Döpfner kommentierte im Manager Magazin: „Das sind die Fehler, die ich am liebsten verzeihe! Wenn jemand aus zu viel Enthusiasmus und zu viel Begeisterung für die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz irgendwelchen Halluzinationen aufsitzt.“
Jedes Medienhaus experimentiert gerade mit Künstlicher Intelligenz. Doch erfundene Geschichten oder falsche Artikel werfen kein gutes Licht auf die gesamte Branche. Die Frage wird sein, ob die KI-Karte Springer zum Vorreiter macht oder die Strategie am Ende doch zu riskant war.