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Ist ein Elternteil alleinerziehend, muss der andere Elternteil in der Regel Unterhalt zahlen. Tut er das nicht oder zahlt er zu wenig, zahlt der Staat Unterhaltsvorschuss. 2024 haben Bund und Länder demnach rund 3,2 Milliarden Euro an alleinerziehende Elternteile gezahlt.
Warum zahlen Elternteile oft keinen Unterhalt?
Bei BR24 haben User über die Gründe dafür diskutiert, dass Elternteile nicht zahlen. So kommentierte etwa „Mimimi“, dass viele Betroffene, die keinen Unterhalt zahlen, dazu finanziell laut dem deutschen Jugendinstitut nicht in der Lage seien. „Psychosoziale Gründe hierfür sind psychische und körperliche Probleme, Niedrigqualifikation, Haft u.ä.“
„Die wenigsten Nichtzahler sind pure Verweigerer“, erklärt Melanie Ulbrich, Bundesvorsitzende des Interessenverbands Unterhalt und Familienrecht (ISUV) im BR24-Gespräch. „Die meisten zahlen nicht, weil sie es nicht können.“ Das könne verschiedene Gründe haben: So arbeiteten manche von ihnen im Niedriglohnsektor, wären arbeitslos oder langfristig krankgeschrieben. Für erwerbstätige Unterhaltspflichtige gilt beim Mindestunterhalt ein Selbstbehalt von 1.450 Euro. So viel müsse den Betroffenen selbst zum Leben bleiben. Wer darunter fällt, könne keinen Unterhalt zahlen.
Auch darüber hinaus gibt es Gründe. So gebe es zum Beispiel Fälle, in denen der Vater nicht bekannt sei, erklärt Anja Löhnert, Bereichsleitung Bürgerdienstleistungen beim Jugendamt Nürnberg. Auch Kinder, bei denen ein Elternteil verstorben ist, haben ein Recht auf Unterhaltsvorschuss. Bei Vätern, die zum Beispiel für mehrere Kinder unterhaltspflichtig seien, müssten die Ansprüche aufgeteilt werden, sagt Löhnert. „Dann können pro Kind oft nur sehr geringe Beträge geleistet werden.“
Warum wird der Vorschuss so selten zurĂĽckgezahlt?
Die Behörden können sich nur einen kleinen Teil des Geldes von den eigentlich unterhaltspflichtigen Eltern zurückholen. 2024 habe die sogenannte Rückgriffsquote bei 17 Prozent gelegen.
BR24-User „my_comment“ fragt in der Kommentarspalte nach den Gründen dafür, warum so wenig Geld wieder eingetrieben werden könnte.
Möglichkeiten, das Geld zurückzufordern, gebe es, erklärt Löhnert. Der Weg dabei führe über Klageverfahren, potenzielle Vollstreckungen oder Lohnpfändungen. Für die Jugendämter sei das mit sehr viel Arbeit und viel Zeit verbunden. So müssten die Ämter oft den Wohnort der Betroffenen ermitteln, die Arbeitsstelle herausfinden und klären, ob er oder sie überhaupt zahlen kann. „Oft ermitteln wir lange und kommen dann zu dem Ergebnis, dass der Nichtzahler Sozialleistungen bezieht oder zu wenig verdient.“ Auch mangelnde Kooperation oder langwierige rechtliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern können den Rückgriff erschweren, erklärt ein Sprecher des Sozialreferats München.
Dass das Geld häufig nicht zurückgezahlt werde und die Rückgriffsquote so gering ist, liege auch daran, dass der Unterhaltsvorschuss oft die letzte Option sei, so Löhnert vom Jugendamt Nürnberg. „Gerade, wenn die Einkommensverhältnisse sehr gering sind, ändert sich das nicht zwangsläufig in den nächsten Jahren.“ Wo kein Geld ist, könne auch keines eingetrieben werden.
Unterhalt: Was muss sich ändern?
„Der Unterhalt muss grundsätzlich reformiert werden“, meint Melanie Ulbrich von ISUV. Es wäre wichtig, die Betreuungsanteile bei der Berechnung zu berücksichtigen. Vielen reiche es nicht, das Kind alle zwei Wochen nur am Wochenende zu sehen. Sie wollen mehr betreuen, damit steigen dann aber auch die eigenen Kosten.“ Das System sei da aber leider nicht sehr flexibel. „Wenn zum Beispiel ein Vater das Kind zu 40 Prozent betreut, muss er trotzdem den vollen Unterhalt zahlen. Wir brauchen da mehr Flexibilität.“ Das würde oft Streitigkeiten verhindern.
Wenn beide Elternteile die Betreuung untereinander aufteilen würden und beide arbeiten könnten, wäre das auch eine gute Option, mehr Geld zur Verfügung zu haben. Mehr Angebote der Ganztagsbetreuung würden dabei helfen. „Unterhaltsstreitigkeiten sind oft von verletzten Gefühlen und von Rachegelüsten bestimmt“, so Ulbrich. Man sollte sich hingegen immer vor Augen führen, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehen sollte.
Bringen schärfere Sanktionen etwas?
User sprechen auch schärfere Sanktionen an. Davon halten die angefragten Expertinnen generell nicht so viel. Ein Führerscheinentzug könnte zum Beispiel kontraproduktiv sein, etwa wenn der Betroffene beruflich auf das Auto angewiesen ist. Bußgelder könnten hingegen bewirken, dass das eigentlich für den Unterhalt benötigte Geld zum Bezahlen der Strafen ausgegeben werden müsse. Sanktionen könnten hingegen in solchen Fällen sinnvoll sein, wenn sich wirklich ein Elternteil weigert, zu zahlen oder mitzuarbeiten.