Während am Dienstag überall in Bayern tausende Menschen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze beim Automobilzulieferer ZF demonstrierten, tagte in Friedrichshafen die Konzernspitze. Dass die Entscheidungen der Top-Manager „unpopulär“ ausfallen würde, hat das Unternehmen vorab öffentlich kommuniziert. Am heutigen Donnerstag gab es Ergebnisse bekannt.
Pressekonferenz des ZF-Konzerns
Auf einer virtuellen Pressekonferenz informierte der ZF-Konzern die Öffentlichkeit: Der Technologiekonzern wolle seinen Restrukturierungskurs „beschleunigen“ und sich aufgrund der „schwierigen Lage auf den Automobilmärkten“ strategisch neu aufstellen. Dabei wolle sich ZF auf „langfristig profitable Bereiche“ fokussieren und prüfe Optionen für die Division Elektronik und Fahrerassistenzsysteme.
Betriebsrat spricht von „Kahlschlagplänen“
Laut dem Gesamtbetriebsrat von ZF heißt das: Die Wahrscheinlichkeit von geplantem Arbeitsplatzabbau an bayerischen Standorten wird immer größer. In einer Pressemitteilung spricht der Betriebsrat von „Kahlschlagplänen“. Der Vorsitzende Achim Dietrich betont, die Elektromobilität sei das Herzstück der Transformation und dürfe nicht ausgegliedert oder verkauft werden.
Besonders betroffen: ZF-Standort Schweinfurt
Besonders betroffen ist der Standort Schweinfurt, denn dort sind rund 5.900 Menschen in der Division für Elektromobilität beschäftigt. Die IG Metall fordert, Arbeitsplätze und Standorte zu sichern. Laut Betriebsrat sei die Auseinandersetzung nicht beendet, sondern nur ausgesetzt. Ein ZF-Sprecher erklärte, man müsse restrukturieren, um Arbeitsplätze zu erhalten.
Ängste der Mitarbeitenden
Mit der Demonstration am Dienstag hatten die Beschäftigten an den Standorten von ZF in Bayern ein Zeichen setzen wollen. Rund 4.500 waren es allein Schweinfurt, am größten bayerischen ZF-Standort mit rund 8.600 Mitarbeitenden.“Man hat Ängste für seine Zukunft, für seine Kinder“, sagte ein ZF-Mitarbeiter, der nach eigenen Angaben bereits in dritter Generation für ZF arbeitet. Seine Großeltern arbeiteten noch als Gastarbeiter beim Automobilzulieferer. „Eine ganze Branche, eine ganze Region ist davon betroffen. Wenn sie das wirklich durchziehen, dann sehe ich keine guten Zeiten mehr für Schweinfurt“, sagte ein anderer.
Eckpunktepapier und weitere Verhandlungen
Die Proteste haben laut den Gewerkschaften Wirkung gezeigt. So sei mit dem Unternehmen in einem Eckpunktepapier „ein Bündnis für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung“ vereinbart worden. Es eröffne ein Zeitfenster bis zum 30. September, um einen gemeinsamen Weg zu finden. „Ob es gelingt, hängt von den Ergebnissen der Gespräche bis zum 30. September ab“, sagt Barbara Resch, IG-Metall-Bezirksleiterin und stellvertretende Vorsitzende des ZF-Aufsichtsrats.
Weitere betroffene Standorte in Bayern
In Auerbach in der Oberpfalz arbeiten laut Gewerkschaftsangaben rund 1.500 Menschen am ZF-Standort, in Thyrnau rund 650, in Bayreuth rund 250 und in Nürnberg rund 1.000 Menschen. Dort hat ZF schon länger Pläne, 700 der 1.000 Jobs abzubauen. Die IG Metall sagt dazu: Wenn das so komme, sei das quasi das Todesurteil für den Standort Nürnberg. Egal was sonst mit der Division E passiere.
Im Wesentlichen gibt ZF „rückläufige Märkte“ als Grund dafür an, den Bereich Elektromobilität einzudampfen. Aber auch „geopolitische Spannungen“ und die „Zollregelungen, die die Division E dramatisch beeinflussen“. ZF hat 10,5 Milliarden Euro Schulden. Im Jahr 2024 beschäftigte ZF weltweit rund 161.600 Menschen an 161 Standorten in 30 Ländern.
Fehlentscheidungen und Kritik
Die IG Metall gibt an, dass sich die ZF auch durch eigene Fehler verschuldet hat, durch „unglaublich teure Zukäufe“, so Thomas Höhn von der IG Metall Schweinfurt. Dazu habe die Politik in Sachen Ausbau der Elektromobilität viele Fehler gemacht. „Aber mit Sicherheit hat auch das Management völlig falsche Entscheidungen getroffen und deswegen ist es jetzt wichtig, dass man sich nicht auf einen Sparkurs einlässt, sondern jetzt an die Zukunft denkt“, sagt Höhn.