💬 „Dein Argument“ greift Euren Input auf: Kommentare aus der BR24-Community sind Anlass für diesen Beitrag. 💬
München, eine schöne Sommernacht. Feiernde Gruppen verteilen sich entlang des Isarufers. Irgendwo steht einer auf, schon gut angetrunken, und macht sich auf den Weg hinter einen Busch. Sein Freundeskreis bemerkt nach einiger Zeit, dass der Mann vom Pieseln nicht zurückgekommen ist. Sie suchen und rufen verzweifelt die Polizei. Die rückt mit mehreren Streifenwagen an, einem Krankenwagen und Rettungstauchern. Schließlich finden diese den Vermissten schlafend in einer Grünanlage.
In den BR24-Kommentaren fragte ein User bei Instagram: „Wer zahlt den Einsatz in so einem Fall?“ Soll heißen: Muss sich die Gemeinschaft daran beteiligen? Sollten nicht der Vermisste und seine Freunde zur Kasse gebeten werden?
Frage des Standpunktes
Manchmal heißt es: Wer sich ohne Not in so eine Situation bringt, nur weil er feiern will und zu viel trinkt, ist selbst schuld. Diese Sichtweise kann auch Sohrab Taheri-Sohi, Pressesprecher beim Bayerischen Roten Kreuz, nachvollziehen. Er erzählt von einem ähnlichen Fall: „Wenn jemand mit seinem Segelboot kentert, selbst nicht in Not ist und die Wasserwacht nur zur Hilfe holt, um das Boot wieder aufzurichten, dann muss er den Einsatz bezahlen. Wir kommunizieren das aber ganz deutlich, bevor Kosten anfallen.“ Hier verlaufe die Trennlinie für Kosten: Auf der einen Seite die medizinischen Notfälle, auf der anderen nicht-medizinische Einsätze.
Besser kein Zögern beim Notruf
„Es ist ein hohes Gut, dass man in Bayern, egal wo man ist, innerhalb kürzester Zeit Hilfe bekommt. Wir wollen, dass die Menschen, wenn sie sich in Not fühlen, die 112 wählen. Lieber einmal zu oft, als einmal zu wenig.“ Wer Angst hat, später zur Kasse gebeten zu werden, sagt Taheri-Sohi, der verzichte vielleicht auf den Notruf. Das könne keiner wollen.
„Wir versuchen, mit Augenmaß vorzugehen: Nicht bei jeder Gelegenheit gleich eine Rechnung schreiben. Wer in Not ist, dem wird geholfen – ohne, dass wir fragen, warum jemand in Not geraten ist.“ So halten es auch andere Einsatzkräfte.
BR24 hat bei verschiedenen Nothilfe-Organisationen nachgefragt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Feuerwehr: Rettung meist kostenfrei
Prinzipiell sind Einsätze der Feuerwehr kostenfrei, solange sie dem Schutz von Menschen oder Tieren dienen. Kostenübernahmen durch die öffentliche Hand sind gesetzlich geregelt. Es gibt aber auch Fälle, da stellt die Feuerwehr eine Rechnung: Zum Beispiel beim Fehlalarm eines automatischen Feuermelders in einer Firma, der direkt mit der Feuerwehr verbunden ist. Hier gibt es aber Verträge, die das regeln.
Bergwachteinsatz: Medizinisch notwendig?
Bei medizinischen Notfällen zahlen die Krankenkassen. Erkrankt oder verletzt sich also ein Bergsteiger, etwa durch Sturz oder Herzinfarkt, dann ist das für die Bergwacht ein medizinisch notwendiger Rettungseinsatz. Hier werden alle Kosten getragen.
Es gibt aber auch kompliziertere Fälle: Kann ein Bergwanderer aus Erschöpfung nicht weiter oder hat sich verlaufen, handelt es sich möglicherweise um einen „nicht-medizinisch relevanten Sondereinsatz“. Solche Einsätze können für Betroffene kostenpflichtig sein. „In dem Moment, wenn wir gerufen werden, dann rücken wir natürlich aus. Wir stellen ja meist erst vor Ort fest, ob eine medizinisch relevante Situation vorliegt“, erklärt Sohrab Taheri-Sohi vom Roten Kreuz, zu dem auch Wasser- und Bergwacht gehören. „In der Praxis führen solche Situationen dann regelmäßig auch zu medizinischen Notfällen, weil die Person völlig entkräftet ist oder wegen falscher Kleidung unterkühlt.“
Gerade wer in die Berge geht, sollte verantwortungsbewusst handeln: Ein Rettungseinsatz bringt möglicherweise auch die Retter in Gefahr. Genauso können die Kosten für die Allgemeinheit erheblich sein: Ein Helikoptereinsatz kann leicht mit 3.000 bis 8.000 Euro zu Buche schlagen.
Wer zahlt bei Polizeieinsatz?
„Allgemein kann man sagen, dass sämtliche Amtshandlungen, die wir als Polizei vornehmen und allgemein notwendig sind, absolut kostenfrei sind“, so ein Polizeisprecher. Allerdings gebe es Ausnahmen: Wenn jemand absichtlich Falschangaben mache – etwa über einen Raubüberfall berichtet, der nicht stattgefunden hat – dann sind das Einsätze, die die Polizei in Rechnung stellt. „Es ist der Vorsatz“, der für den Verursacher zu Kosten führe.
Den Beteiligten der Runde an der Isar sind übrigens keine Kosten entstanden: Den Notruf hatten die Mitfeiernden getätigt, aus einer berechtigten Sorge, dass etwas passiert sein könnte.